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Archiv-Artikel

URANIA 2: SUPER-SCIENCETAINMENT MIT „ABENTEUER FORSCHUNG“-MODERATOR HARALD LESCH Das Gehirn denkt, das Universum lenkt

VOLKSBILDUNG Was Jenni Zylka in der Urania von Harald „Astro“ Lesch über Homogenität und Isotropie, Quanten und Cognac lernte

War das Universum einst so klein wie ein Atomkern? Oder kleiner? Oder ganz anders? Man weiß es nicht!

Herrlich! Mal eben alles zusammenfassen, das Wichtige, Große, die Frage nach dem Sinn und dem Ursprung des Universums, deren Antwort 42 ist, in anderthalb Stunden, denn so lang sind Urania-Einheiten: Es war eine gute Wahl, im Monat Mai zu einem der drei Vorträge zu „Leschs Kosmos“ zu gehen, die der Astrologe und „Abenteuer Forschung“-Moderator Harald Lesch in der Tradition Alexander von Humboldts hielt.

Obwohl, die Ehrlichkeit gebietet es, das zu erwähnen, es fast Lisa Kalteneggers viel besprochenes Sujet „Auf der Suche nach der zweiten Erde“ oder Carmen Thomas’ Vortrag „Praktische Hilfen gegen Lampenfieber“ geworden wären. Zumal man Frau Thomas, Ex-Sport-Moderatorin und Autorin von „Urin – Ein ganz besonderer Saft“ so schön vor versammelter Mannschaft hätte fragen können, warum das mit dem Pipi denn jetzt passé ist.

Aber dann fiel die Wahl doch auf Astrophysikprofessor Lesch im fast ausverkauften Humboldtsaal, der größten möglichen Vorlesungslokalität. Lesch ist Profi, sowohl als Wissenschaftler als auch als Moderator, er braucht kein Skript und keine Dias, er betreibt Sciencetainment, das hiermit, falls dieses Kofferwort noch nicht existiert, bitte schön sofort in den Urania-Katalog aufgenommen gehört.

Im Saal riecht es nach Baumarkt ohne die Geräte, nämlich nach mehr Männern als Frauen, und in der fünften Reihe behauptet einer frech, der Platz neben ihm, da, wo die schwarze Erwachsenenkindergartentasche steht, sei besetzt, was selbstverständlich überhaupt nicht stimmt. So etwas machen doch sonst nur Filmjournalisten! Aber soziale Inkompetenz my ass, es geht schließlich um Höheres, um das Höchste: Humboldt macht den Anfang, anschließend Schlenker zu Thomas Mann, zu Galileo und Kopernikus, um bei Edward Hubble zu landen, der, wie Professor Lesch anschaulich ausführt, die Homogenität und Isotropie des expandierenden Universums feststellte.

Was, mal kurz auf Partygespräch übersetzt, einfach nur bedeutet, dass man die bekannten irdischen Gesetze auf den (unbekannten) Himmel ausweiten muss, um überhaupt irgendetwas zu behaupten. Das mag für Astro- oder sonstige PhysikerInnen Erstsemester-Gähnstoff sein, für uns HobbywissenschaftlerInnen ist es ein wunderbares Siehste. Lesch rutscht weiter die Kosmoszusammenhänge rauf und runter, lässt immer wieder etwas leutselige, aber dennoch irgendwie süße Bonmots à la „Quantenmechanik bringt einen in den Zustand, in dem man nach einer französischen Cognacmarke sucht“ einfließen, und die ZuschauerInnen schnaufen ganz leicht süffisante Lachgeräusche heraus.

Derweil ist der wie ein Motivationstrainer über die Bühne fliegende 52-Jährige tatsächlich wie versprochen beim Ursprung des Universums angelangt – war es einst so klein wie ein Atomkern? Oder kleiner? Oder ganz anders? Man weiß es nicht! Man weiß es nicht, und nach einer abschließenden Erklärung der dunklen Materie und ein paar naturphilosophischen Betrachtungen darüber, warum der Mensch in seinem Spatzenhirn all diese überdimensionalen Fragen ausbrüten kann, werden die ZuhörerInnen zur Fragestunde gebeten.

Die sind natürlich jetzt alle schlauer oder zumindest aufgeräumter und amüsierter als zuvor und fragen nach Hoimar von Ditfurths Theorie der Analogie von Gehirn und Universum, was zwar keine wirklich befriedigende Antwort evoziert: Gehirn = Leben, Universum = Nichtleben, aber wenn sich das Gehirn als Teil des Universums eine Frage stellt, tut dies quasi auch das Universum.

Dennoch geht man mit der warmen Erinnerung an regnerische „Dimensionen des Lebens“- und „Am Anfang war der Wasserstoff“-Lektürenachmittage nach Hause. Wissenschaft as sexy as it gets. Noch so ein Spruch für den Urania-Katalog.