: UNTERM STRICH
Am 7. Mai 2010 wird in Berlin das Theatertreffen eröffnet: Jetzt gab die Kritikerjury ihre Auswahl bekannt. Als Dramatiker war Roland Schimmelpfennig schon oft beim Theatertreffen in Berlin dabei, als Regisseur eines eigenen Stücks ist er zum ersten Mal eingeladen mit der Inszenierung „Der goldene Drache“ vom Burgtheater Wien. In der Küche eines Chinarestaurants ist die Globalisierung angekommen, mit tödlichen Folgen für illegale Einwanderer. Eine realistische Tragödie und eine Komödie zugleich ist das Stück, wimmelnd von Ungerechtigkeiten und doch auch eine virtuose Vorführung der Mittel des Theaters.
Vom Burgtheater Wien kommt auch der überraschendste Teilnehmer, das Nature Theater of Oklahoma. Diese kleine New Yorker Off-Off-Theatergruppe betrachtet das Theater wie von einem anderen Planeten aus und wird für ihren verrückten Blick auf eine alte Kunst gerade in Deutschland geliebt. Ein 20-stündiges Telefonat war Ausgangspunkt der alle Widrigkeiten des amerikanischen Alltags streifenden Dialoge.
Dass diesmal auch zwei Inszenierungen vom Schauspielhaus Köln dabei sind, von Karin Beier und Johan Simons, und aus Graz ein Handke-Stück eingeladen ist, lockert die Liste der üblichen Verdächtigen wohltuend auf. Von den vielen Ansätzen, den Kapitalismus und seine selbst gemachte Krise auf die Bühne zu holen, sind zwei beim Theatertreffen angekommen: „Die Kontrakte des Kaufmanns. Eine Wirtschaftskomödie“ von Elfriede Jelinek (Koproduktion des Thalia Theaters Hamburg mit dem Schauspiel Köln), und „Liebe und Geld“ von Dennis Kelly, ebenfalls aus dem Thalia Hamburg. Sekundiert werden sie von einer traurigen Ballade über die Weltwirtschaftskrise der Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, Hans Falladas „Kleiner Mann – was nun?“, die Luk Perceval an den Münchner Kammerspielen inszeniert hat.
Wie ein Bass, der das Theater zuverlässig grundiert und für viele der heutigen Formen Pate stand, ist auch Christoph Marthaler wieder dabei, mit „Riesenbutzbach. Eine Dauerkolonie“: Da werden Ausweglosigkeit, Stillstand und Depression mit den Klängen von Bach, Schubert, Mahler und Beethoven bearbeitet und weich geklopft.