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Archiv-Artikel

UNTERM STRICH

Für heftige Reaktionen sorgt eine Theaterkritik der Tageszeitung Welt, es geht um die neue Hamlet-Inszenierung am Hamburger Thalia-Theater, die sonst in der Theaterkritik für viel Aufsehen bis hin zum Jubel gesorgt hatte (s. taz vom 21. 9.). Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu hatte den Text gemeinsam mit Günter Senkel für Regisseur Luc Perceval neu übersetzt. Für den Welt-Rezensenten Alan Posener verhielt sich diese Übersetzung „zum Original wie der Koran zur Bibel. Er hat dem Urtext alles Widersprüchliche ausgetrieben und mit ihm auch alle Poesie, alle Tiefe.“ Posener erinnert im Weiteren an den Karikaturen-Streit, spricht von einer „Vergewaltigung Shakespeares“, um dann in einer Volte dem „Abfackeln von Theatern“ doch nicht das Wort zu reden. Da war jemand also sehr wütend, weil er nicht den von ihm gewünschten wiedererkennbaren Klassiker serviert bekam. Das führte nun, sehr ungewöhnlich, zu einer öffentlichen Gegenreaktion des betroffenen Theaters. In einem offenen Brief wirft Thalia-Intendant Joachim Lux dem Welt-Autor Posener nun „Volksverhetzung“ und „Verunglimpfung anderer Religionen“ vor. Der Chef des Welt-Feuilletons, Cornelius Tittel, weist die Vorwürfe weit von sich. Lux habe den Text missverstanden und rücke zudem den jüdischstämmigen Posener zu Unrecht in die Nähe der sogenannten Reichskristallnacht.