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Archiv-Artikel

UNO boykottiert „Wahrheitsfarce“

Mitarbeiter der UNO sollen nicht vor der von Indonesien und Osttimor eingerichteten Kommission aussagen

BANGKOK taz ■ „Die UN tun das Richtige, wenn sie nicht mit der Kommission kooperieren“, sagte am Wochenende John Miller von der Menschenrechtsorganisation East Timor and Indonesia Action Network (Etan). „Wir fordern die Regierungen von Indonesien und Osttimor auf, diese Farce zu beenden“, so Miller weiter.

Vor wenigen Tagen hatte UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon Mitarbeiter angewiesen, nicht vor der von Indonesien und Osttimor eingerichteten „Wahrheits- und Freundschaftskommission“ (CTF) auszusagen. Ban begründete seine Entscheidung damit, dass die Kommission Amnestien für mutmaßliche Täter aussprechen könnte, die an den schweren Menschenrechtsverletzungen in Osttimor während der Unruhen von 1999 beteiligt waren. Unter den möglichen Zeugen der Gräueltaten ist der damalige UN-Repräsentant für Osttimor, Ian Martin.

Die „Kommission für Wahrheit und Freundschaft“ war 2005 eingerichtet worden. Sie sollte helfen, die damals von Indonesien während des UN-Unabhängigkeitsreferendums begangenen Verbrechen aufzuarbeiten. Im Spätsommer 1999 hatte sich Osttimors Zivilbevölkerung mehrheitlich für die Loslösung von Indonesien entschieden. Daraufhin hatten proindonesische Milizen mehr als 1.400 Menschen ermordet, über 200.000 Bewohner mussten flüchten.

Kritiker hatten von Anfang an befürchtet, dass das Gremium nichts zur juristischen Aufarbeitung der Gewalt beitragen werde. Denn die Kommission kann zwar Amnestien empfehlen, aber selbst keine formelle Anklage erheben. Auch sollte sie sich nur mit den Verbrechen von 1999 beschäftigen, nicht aber mit den zahlreichen Menschenrechtsverletzungen während der indonesischen Besatzung Osttimors seit 1975.

Die Unglaubwürdigkeit der CTF lässt sich zudem daran ablesen, dass auch die politischen Eliten Indonesiens und Osttimors kein Interesse bekundet haben, die Verbrechen zu ahnden. Zu einer ersten Anhörung im Februar 2007 waren Indonesiens Expräsident Jusuf Habibie sowie Osttimors Expräsident Xanana Gusmao aus Termingründen nicht erschienen.

Der UN-Boykott dürfte sich kaum auf die weitere Arbeit der Kommission auswirken. Allerdings könnten jetzt die Diskussionen über einen UN-Gerichtshof erneut angefacht werden. Mehrfach hatte die UNO mit einem internationalen Tribunal gedroht, falls Indonesien die Verbrechen nicht selbst aufarbeite. Daraufhin hatte Jakarta 2001 ein sogenanntes Ad-hoc-Gericht etabliert, das jedoch keinen der für die Gewalttaten von 1999 mutmaßlichen Hauptverantwortlichen angeklagt hatte. Dazu zählen unter anderem der frühere indonesische Armeechef und einstige Verteidigungsminister General Wiranto sowie der damalige militärische Geheimdienstchef Zacky Anwar Makarim.

In seiner Anhörung vor der CTF Anfang Mai hatte Wiranto zudem geleugnet, dass Indonesiens Militär an systematischen Gräueltaten beteiligt gewesen sei und die Gewalt als innenpolitische Angelegenheit Osttimors abgetan. NICOLA GLASS