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Archiv-Artikel

UNDEMOKRATISCHE GIFTLISTE: WENIGER GELD FÜR BILDUNG UND KULTUR Unsinn von Main und Rhein

Das Gezerre um den Subventionsabbau in Deutschland nimmt groteske Züge an. Seit die beiden Landesfürsten Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) die so genannte „Koch-Steinbrück-Liste“ ausgeheckt haben, werden sie nicht müde, ihr Machwerk als große politische Leistung zu würdigen. Seht her, der Staat kann sich doch zu Kürzungen antiquierter Industriesubventionen zusammenraufen, heißt die eine Botschaft. Nur Rot und Schwarz gemeinsam werden das Land modernisieren, die andere. Was die beiden Megapräsidenten – die zu Hause in Hessen und NRW Konkursverschlepper sind – mit ihrer Liste angerichtet haben, ist alles andere als große Politik: Sie ist handwerklicher Pfusch, inhaltlicher Blödsinn und ihr Procedere ist gefährlich undemokratisch.

Natürlich ist es notwendig, Geldinfusionen in tote Industrien zu beenden, mindestens schrittweise. Das betrifft Kohle und Stahl genauso wie manche absurde Subvention von Flugzeug-, Film- oder Werftindustrie. Aber in den Zeiten des schwarz-roten Gerangels um die Nachfolge einer sterbenden Bundesregierung konnte die vermeintliche Zusammenarbeit der Antipoden von Main und Rhein nur Unsinn produzieren. Es ging Koch und Steinbrück ja bloß um den großen Auftritt und nie um das kleinteilige Auseinanderklamüsern dessen, was Vergangenheitssubvention oder Zukunftsinvestition ist. Sonst hätten sie wohl kaum reihenweise Zuschüsse für Kultur- und Bildungseinrichtungen unter den Tatbestand der Subvention subsumiert. Ihr Produkt ist daher kein – wie Werbestrategen es nennen – Werkzeugkasten für künftige Abbaumaßnahmen, sondern einer für neoliberale Kürzungsdiktate mit den Mitteln des preußischen Obrigkeitsstaates.

Wer nach den Inhalten der Koch-Steinbrück-Liste fragt, wird gern auf den Geheimstatus der Beratungen im Vermittlungsausschuss verwiesen. Das liegt gewiss auch daran, dass die Einzelposten der Koch-Steinbrück-Liste peinlich sind, wenn es um Kultur und Bildung geht. Vor allem aber ist es ein Beispiel einer immer perfekter ablaufenden Abschottung der Gesetzesberatungen vor jenen, die von den Regelungen betroffen sind: den BürgerInnen. In Berlin besteht kein Mangel an Politikern und Beamten, die das Subventionspapier aus Düsseldorf und Wiesbaden schwachsinnig nennen. Drei Ministerien inklusive Kanzleramt haben dennoch nicht verhindert, dass Kultur und Bildung von der Koch-Steinbrück-Liste verschwinden. Darin liegt das eigentliche Problem für den demokratischen Prozess und die politische Kultur: dass die politische Klasse Schwachsinn erkennt – und suggeriert, ihm nicht abhelfen zu können.

CHRISTIAN FÜLLER