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UN-Menschenrechtsexperte besucht MyanmarTreffen mit Suu Kyi verwehrt

Paolo Pinheiro ist froh, dass er bei seinem ersten Besuch in dem südostasiatischen Land seit 4 Jahren mit politischen Gefangenen sprechen konnte.

Darüber, wie viele Menschen verhaftetet oder verschleppt wurden, wird noch gestritten. Bild: dpa

BANGKOK/MAE SOT taz Die Bilanz seiner Birma-Reise fällt sehr unterschiedlich aus: Der UN-Menschenrechtsexperte Paulo Pinheiro hatte während seiner fünftägigen Visite mehrere prominente politische Gefangene besuchen können. So traf der brasilianische Diplomat im berüchtigten Insein-Gefängnis den seit 1989 inhaftierten Dissidenten Win Tin sowie die Aktivistin Su Su Nway. Sie war am Dienstag bei einer Flugblattaktion festgenommen worden, zwei Tage nach Pinheiros Ankunft. Ein Treffen mit Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, die seit Mai 2003 wieder unter Hausarrest steht, blieb Pinheiro aber verwehrt.

Auch den buddhistischen Mönch U Gambira, der als einer der Initiatoren der friedlichen Proteste vom September gilt, durfte der UN-Gesandte nicht besuchen. Unterdessen berichtet die Exilzeitung The Irrawaddy, dass der Anfang November Verhaftete des Verrats angeklagt worden ist. Ihm drohten lebenslange Haft oder die Todesstrafe.

Pinheiro sagte Freitag Abend Journalisten in Bangkok, er sei froh, dass ihm nach vier Jahren überhaupt Zugang zu Gefangenen gewährt worden sei. "Ich habe nicht die Macht und nicht das Mandat, darauf zu bestehen, bestimmte politische Häftlinge treffen zu können."

Die genaue Zahl der Opfer, die während der blutigen Niederschlagung der Massenproteste ermordet oder verschleppt worden sind, liegt offiziell noch nicht vor. Pinheiro sagte, er werde die Ergebnisse seiner Untersuchungen in zwei Wochen veröffentlichen. Die Militärjunta habe die Zahl der Getöteten mit 14 angegeben. 3.000 Menschen seien inhaftiert und 2.900 inzwischen wieder freigelassen worden. Erst gestern entließ die Junta sechs politische Häftlinge. Dissidenten sprechen von insgesamt mindestens 200 Toten und mehr als 6.000 Festgenommen.

Regimekritiker und Flüchtlinge im benachbarten Thailand beobachten die Entwicklung indes weiterhin mit Sorge und Skepsis. Zwar begrüßen sie, dass sich UN-Gesandte wie Ibrahim Gambari und Pinheiro so nachdrücklich für einen Wandel in Birma einsetzen, sagen sie. Doch Änderungen zum Guten könnten nur vom birmesischen Volk selbst ausgehen: "Unsere Hoffnungen ruhen auf Aung San Suu Kyi", sagt Nyo, der im thailändisch-birmesischen Grenzgebiet zwischen Mae Sot und Myawadi lebt: "Die UN-Gesandten können unser Land nicht verändern, denn die Generäle kümmern sich nicht um die UN, solange sie in China und Indien treue Verbündete haben!"

Abwartend zeigt sich auch Aung So, Vertreter der "Nationalen Koalitionsregierung der Union Birmas" im Exil: "Nach dem von den Mönchen geführten Aufstand musste die Junta Konzessionen machen, das war unvermeidlich." Aber die Militärs würden alles daran setzen, um einen Demokratisierungsprozess zu verzögern und die UN zu täuschen. Die jetzigen, vorläufigen Gespräche zwischen Oppositionsführerin Suu Kyi und dem von der Junta ernannten "Verbindungsmann" Aung Kyi würden jedenfalls nicht in den geforderten Dialog mit der Opposition münden.

Indes forderte der UN-Experte Pinheiro die Weltgemeinschaft zum "professionelleren" Umgang mit Birma auf. Es dürfe nicht bei der bisherigen "Kakofonie" bleiben. Bislang hatte sich der UN-Sicherheitsrat aufgrund der Weigerungen Chinas und Russlands nicht darauf einigen können, die blutige Niederschlagung der Proteste zu verurteilen. Der erst kürzlich aus Birma zurückgekehrte UN-Gesandte Gambari sagte Anfang der Woche, trotz einiger Fortschritte gebe es weiterhin bedenkliche Entwicklungen wie etwa Verhaftungen von Regimekritikern. Darauf hatte das höchste UN-Gremium nur an Birmas Militärs appelliert, so rasch wie möglich einen Dialog mit der Opposition zu beginnen.

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