piwik no script img

UN-BerichtMenschenrechtslage im Iran

Die lange Liste der Vorwürfe gegen die iranische Regierung reicht von Hinrichtungen bis Zensur. Teheran hingegen färbt alles schön.

Eine iranische Studentin protestiert gegen das Regime in Teheran. Bild: ap

GENF taz | Montag befasst sich die UNO erstmals seit fünf Jahren mit der Menschenrechtssituation im Iran. Drei Stunden lang steht das Land auf der Tagesordnung des Menschenrechtsrates in Genf im Rahmen des 2006 neu eingeführten universellen Verfahrens, mit dem die Lage in jedem der 192 UNO-Mitgliedstaaten alle vier Jahre überprüft wird.

Seit 2005 hatte die Regierung in Teheran unter Verstoß gegen ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen keinem der UNO-Sonderberichterstatter zu Folter, willkürlichen Hinrichtungen oder anderen Menschenrechtsverletzungen mehr die Einreise erlaubt. 2008 strich der UN-Menschenrechtsrat per Mehrheitsbeschluss Iran sogar ganz von seiner Liste der Länder, die unter besonderer Beobachtung stehen.

Grundlage der heutigen Iran-Beratungen ist zum einen ein Bericht des Genfer UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte. Darin werden die zahlreichen schweren Menschenrechtsverstöße der iranischen Regierung - willkürliche Hinrichtungen und Erschießungen, Folter, Diskriminierung von Frauen und Minderheiten, Unterdrückung von Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit - sowie die mangelnde Kooperation mit der UNO dokumentiert. Zu einer teils noch kritischeren Einschätzung kommen die meisten Berichte, die von Amnesty International und 66 weiteren Menschenrechtsorganisationen zu den Beratungen eingereicht wurden.

In völligem Kontrast hierzu steht der offizielle Staatenbericht der Regierung in Teheran. Danach ist Iran ein Paradies der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Diskrepanzen zu internationalen Rechtsstandards werden begründet mit dem Vorrang der islamischen Scharia. Die verstärkte Anwendung der Todesstrafe wird gerechtfertigt mit der Bekämpfung von Oppositionellen, die in dem Regierungsbericht meist als "Umstürzler" oder als "terroristische Gefahr" gebrandmarkt werden.

Zu den deutlichsten Iran-Kritikern werden heute in Genf wahrscheinlich die USA gehören. Die EU hingegen wird sich auch nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon nicht an den Iran-Beratungen beteiligen. Denn Großbritannien hat ein grundsätzliches Veto gegen ein gemeinsames Handeln der EU eingelegt. Das gilt nicht nur für Iran, sondern auch mit Blick auf die Verfahren der UNO zur Überprüfung der Menschenrechtssituation in allen anderen Ländern.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • F
    Flo

    "Menschenrechtslage in den USA."

     

    ist im Traum nicht vergleichbar mit der im Iran. Dies zu behaupten, wär ein Tritt ins Gesicht von jedem/r DemonstrantIn die im Iran ihr Leben riskieren für ganz grundsätzliche Menschenrechte.

  • P
    Publicola

    Mit Beschluss von 2006 gibt es turnusmäßig seit 2008 regelmäßig eine Überprüfung der menschenrechtlichen Situation ALLER 192 UN-Mitgliedsstaaten durch den UN-Menschenrechtsrat anhand eines von diesem Lande vorgelegten Berichtes, der z.B. von Amnesty International kommentiert werden kann. Pro Sitzung (drei im Jahr) werden die von ca. 15 Staaten vorgelegten Berichte sowie die von NGOs angefertigten Kommentierungen dazu jeweils einer Debatte von 3 Stunden pro Staat unterzogen. Auf der 7. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates war jetzt im Februar die Reihe u.a. an Iran.

     

    Aus welchem irgendwie vorstellbaren Grunde also überhaupt hätte anlässlich dieser Debatte die TAZ und Andreas Zumach über die Menschenrechtsverfehlungen aller möglichen anderen Staaten berichten und diskutieren sollen ?

  • P
    paco

    Was mich immer wieder empört ist die selektive Behandlung von Staaten durch die westlichen Staaten, vor allem auch durch die Bundesregierung und die deutschen Mainstreammedien, die immer mehr zu einer Art "Hofberichterstatter" verkommen. Wie sieht denn die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien aus? -Wie ist es um die Menschenrechte der Palästinenser im von Israel völkerrechtswidrig besetzten und besiedelten Westjordanland und im abgsperrten Gaza bestellt? - Nun ist aber der Iran - nicht ganz unverschuldet, aber s.o. - der Buhmann. Dabei könnte gerade er im Krieg in seinem Nachbarland Afghanistan eine konstruktive Rolle spielen - und hat dies auch oft genug angeboten. Immerhin trät er eine Hauptlast in der Versorgung afghanischer Flüchtlinge.

  • A
    AbbaHellau

    Menschenrechtslage in den USA. Lange Liste der Vorwürfe gegen die USA reicht von Hinrichtungen bis Zensur. Spricht jemand davon?