: UN-Beobachterzahl in Namibia verdoppelt
Folge der scharfen Kritik an UN-Aktionen in Namibia / Auch schwere Vorwürfe gegen Polizeieinheiten ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
UN-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar will die Zahl der Polizeibeobachter in Namibia von 500 auf 1.000 verdoppeln. Dies kündigte Perez am Mittwoch in New York vor dem Weltsicherheitsrat an, dem er erstmals und hinter verschlossenen Türen über jüngste Entwicklungen in Namibia berichtete. Die Ankündigung folgt auf scharfe Kritik an UN -Aktionen in Namibia, die vor allem von afrikanischen Staaten vorgebracht wurde. Deshalb wird der UN-Beauftragte in Namibia, der Finne Martti Ahtisaari, möglicherweise einen afrikanischen Stellvertreter bekommen.
Perez erwägt zudem einen persönlichen Besuch in Namibia, um der dortigen UN-Aktion neuen Aufwind zu geben. Die UN ist international scharf kritisiert worden, weil sie schwere Kämpfe zwischen Guerilleros der südwestafrikansichen Volksorganisation Swapo und südafrikanischen Einheiten Anfang April nicht hatte verhindern können. Ahtisaari hatte den Südafrikanern zudem erlaubt, Hunderte von Soldaten gegen Swapo einzusetzen, obwohl das Militär nach dem 1.April seine Lager nicht hätte verlassen dürfen.
Die intensivierte Überwachung der südafrikanischen Polizei in Namibia ist auch Folge zahlreicher Vorwürfe gegen die Polizisten. Die UNO untersucht derzeit mehr als 50 Beschwerden gegen Sicherheitskräfte. Ein hochrangiger Polizist wurde nach Beschwerden auf Drängen der UNO zwangsversetzt; gegen zwei Polizisten wird nach dem Mord an einem Anhänger der Swapo ermittelt. David Indongo war am 2.April von einer Swapo-Veranstaltung in Windhuk zurückgekehrt und von Weißen angehalten worden, die das Feuer eröffneten. Indongo kam dabei ums Leben.
Die südafrikanische Polizei ist dem in der UN-Resolution 435 enthaltenen Unabhängigkeitsplan zufolge für die Aufrechterhaltung von „Recht und Ordnung“ in der Übergangszeit zuständig. Doch bei den schweren Kämpfen im Norden Namibias sind vor allem die sogenannten „Koevoet“ („Brecheisen“), Sondereinheiten der Polizei, mit rücksichtsloser Brutalität gegen Swapo vorgegangen. Mehr als 300 Swapo-Kämpfer kamen dabei ums Leben. In den letzten Tagen sind weitere vier Swapo-Mitglieder erschossen worden. Bis gestern durchkämmten „Koevoet-Einheiten zusammen mit Soldaten den Norden des Landes auf der Suche nach Swapo -Guerilleros. Die Sicherheitskräfte gaben auch an, ein umfangreiches Waffenlager, das angeblich von der Swapo angelegt worden war, entdeckt zu haben.
Ab heute sollen die Soldaten wieder in ihre Lager zurückkehren. Doch der südafrikanische Generalverwalter in Namibia, Louis Pienaar, betonte diese Woche, daß „Koevoet„ -Polizisten die Suche auch in den nächsten Wochen fortsetzen würden. Dabei sollen sie nun wohl genauer von der Uno beobachtet werden. Der Unabhängigkeitsprozeß hat jetzt einen kritischen Punkt erreicht. Die bis Ende dieser Woche vorgesehene Abschaffung diskriminierender Gesetze und die Formulierung der Wahlgesetzgebung sind noch nicht abgeschlossen. Die Zahl südafrikanischer Soldaten sollte bis heute auf 12.000 reduziert werden - auch das ist noch nicht geschehen. Die Rückkehr von Flüchtlingen, die am Montag beginnen sollte, wurde schon um eine Woche verschoben. Ob der Zeitplan dennoch aufrechterhalten wird, entscheidet sich am Montag bei Verhandlungen zwischen Südafrika, Kuba und Angola an der Grenze zwischen Namibia und Angola.
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