U2 live auf Youtube: Ein frühes Vergnügen
Wenn U2 am Sonntag ihr Konzert geben, läuft das bei Youtube. Damit es auch alle sehen können – morgens um 5.30 Uhr.
Groß! Größer! Gargantuesk! Auf iher aktuellen Tournee gibt sich die irische Rockgruppe U2 nicht eben als Vorreiterin in Sachen Bescheidenheit und Demut. Warum auch? Neben R.E.M. und den Red Hot Chili Peppers gehören U2 zu den wenigen Bands, auf die sich das Publikum weltweit so sehr einigen kann, dass es nahezu jedes Stadion problemlos füllt. Hier scheint schiere Gigantomanie nach wie vor ein echtes Verkaufsargument zu sein. Und damit auch der letzte Besucher etwas davon hat, wenn Bono zwischen zwei Songs mit Nelson Mandela oder der Besatzung der Internationalen Raumstation telefoniert, präsentieren sich U2 auf ihrer "360(o)"-Tournee auf einer allseits einsehbaren Rundbühne. Zwar sind die technischen Möglichkeiten noch nicht ganz so weit gediehen, dass die Musiker als Hologramme in unseren Wohnzimmern auftreten können - aber doch fast, was den U2-Deal mit der Internet-Videoplattform Youtube erklärt: Dort soll am kommenden Sonntag ein Konzert live, in voller Länge und Echtzeit zu sehen sein.
Das Spektakel soll in 16 Länder übertragen werden, vom bandeigenen "U2-Channel" auf Youtube, wo bisher neben anderen Live-Mitschnitten auch weihevolle Reden von Bono zu genießen sind. Wobei es mit dem "Genuss" so weit nicht her sein dürfte, handelt es sich doch eigentlich um eine der aus dem Fernsehen sattsam bekannten Liveübertragungen, nur eben in entschieden mieserer Soundqualität. Musikfreunde erinnern sich mit Grauen an die grotesk unbeholfenen Versuche, beispielsweise Wagners "Tristan und Isolde" als Livestream vom Grünen Hügel digital sozusagen zu entexklusivieren. Was man hörte, war Brei aus Bayreuth. Nun könnte man einwenden, dass es ausgerechnet auf Klangtreue bei Rockmusik ohnehin nicht ankommt - und hätte damit sogar recht. Worauf es allen Beteiligten (also U2, Youtube und der Youtube-Besitzerin und Datenkrake Google) ankommt, das ist ein allen Beteiligten dienender Image-Gewinn. Nicht dass es Scheppern und Klirren wird, ist also der eigentliche Haken an der Sache - sondern die Tatsache, dass es hierzulande, wenn das tolle Konzert in Kalifornien anfängt, gerade mal 5.30 Uhr ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?