Twitter will Tweetdeck übernehmen: Kontrolle ist besser
Twitter kauft den Softwareentwickler Tweetdeck. Dieser hilft Nutzern, ihre Beiträge in Online-Netzwerken zu ordnen. Es geht auch um Werbung.
BERLIN taz | Twitter erweitert sein Angebot. Der Kurznachrichtendienst kauft den Software-Entwickler "TweetDeck". Zwischen 40 und 50 Millionen US-Dollar in bar sowie Aktien soll Twitter für die Software-Firma zahlen, das berichtet das US-Technikblog Techcrunch. Es beruft sich auf eine Person mit "Insider-Wissen" über die Übernahmeverhandlungen. Offiziell soll das Geschäft "in den nächsten Tagen" bekannt gegeben werden, so Techcrunch.
Tweetdeck programmiert Software, die hilft Twitter-, Facebook- und MySpace-Konten zu verwalten. Mit dem Programm ist es etwa möglich verschiedene Twitter-Kanäle nebeneinander anzuordnen, gleichzeitig auf ihnen zu posten und sie besser im Auge zu behalten. Es lässt sich kostenlos herunterladen. Laut einer Erhebung von Sysomos/Marketwire laufen etwa 40 Prozent der täglich über 150 Millionen Twitter-Nachrichten über Anbieter wie TweetDeck.
"Gerade bei Power-Usern ist das Programm sehr beliebt", sagt Marcel Weiss von neunetz.com, einem Blog über Netzökonomie. Twitter könne über Tweetdeck im Moment aber keine Werbung schalten. "Da liegt wohl auch einer der Gründe für den Kauf", so Weiss. Würde Twitter die Software besitzen, könnte das Unternehmen so auch werben. Das sei jedoch nicht der einzige Grund. Auch wolle Twitter verhindern, dass ein Konkurrent das Unternehmen übernimmt.
Die Firma UberMedia hat bereits im Februar mit Tweetdeck über einen Kauf verhandelt. Sie bot damals zwischen 25 und 30 Millionen Dollar. "Wenn Ubermedia Tweetdeck gekauft hätte, wären sie durchaus in der Lage gewesen einen Konkurrenzdienst zu Twitter aufzubauen", so Weiss. Sie hätten etwa einen Dienst mit mehr als 140 Zeichen anbieten können. Doch kurz vor Ende des Geschäfts machte Twitter ein besseres Angebot.
Twitter twittert über Twitter
Der Kurznachrichtendienst selbst wollte bisher keine Stellung zu den Gerüchten nehmen und twitterte: "Wir kommentieren keine Gerüchte. Wir geben keine Hintergrundinformationen zu Gerüchten." Es wäre jedoch nicht die erste Software von Drittentwicklern, die Twitter übernehmen würde.
Beispielsweise kaufte das Unternehmen im April 2010 das Entwicklerstudio Atebits und damit auch dessen populäre Twitter-App Tweetie für Apple-Rechner und fürs iPhone. Der Kauf von Tweetdeck könnte ein weiterer Schritt Twitters sein, das Angebot besser zu kontrollieren, vermutet Techcrunch. Das Unternehmen arbeitet seit Monaten an einer strikteren Regulierung des Kurznachrichtendienstes. Ein wichtiges Ziel ist es, die Werbeeinnahmen zu vergrößern. Um das zu erreichen, schränkt Twitter in letzter Zeit die Rechte externe Entwickler extrem ein.
In einem langen Artikel auf Google Groups schrieb Twitter-Chef Ryan Sarver im März über den neuen Umgang mit Apps externer Entwickler, die Nutzern Zugang zur Plattform ermöglichen. "Entwickler fragen uns, ob sie Software entwickeln sollen, die den Programmen Twitters ähnelt", schrieb er. "Die Antwort lautet: nein."
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