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Twitter testet 280-Zeichen-TweetsNun doch der Kurzroman?

Statt 140 Zeichen können Twitter-User vielleicht bald doppelt so lange Tweets verfassen. Derzeit befindet sich die Formatänderung aber noch in einer Testphase.

Und so sieht es aus, wenn man twittert. In echt Foto: reuters

San Francisco dpa/taz | Twitter probiert doppelt so lange Tweets aus und könnte sich damit bald von seinem zentralen Markenzeichen verabschieden. Der Kurznachrichtendienst zeigte sich am Dienstag schon vorab zuversichtlich, dass die Aufstockung von 140 auf 280 Zeichen einen positiven Effekt haben werde. Dennoch wolle Twitter die Änderung „mit einer kleinen Gruppe“ von Leuten testen, „bevor wir die Entscheidung treffen, sie für alle verfügbar zu machen“, hieß es. Viele Nutzer reagierten skeptisch.

Der Test solle in allen Sprachen außer Japanisch, Chinesisch und Koreanisch laufen – weil in diesen Sprachen ohnehin mehr Inhalt mit weniger Schriftzeichen vermittelt werden könne, erklärte Twitter. Nur 0,4 Prozent der Tweets auf Japanisch erreichten die Länge von 140 Zeichen, rechnete Twitter vor. Von den Twitter-Beiträgen in englischer Sprache seien es neun Prozent – und viele Nutzer seien über die Begrenzung frustriert. Die durchschnittliche Länge betrage dabei 15 Zeichen in japanischen Tweets und 34 Zeichen in englischen.

Twitter machte zunächst keine Angaben dazu, wie viele Nutzer genau in den Test einbezogen werden und wie sie ausgewählt werden sollen. Die Beschränkung auf 140 Text-Zeichen ging ursprünglich darauf zurück, dass Twitter beim Start vor mehr als zehn Jahren zunächst noch auf Basis von SMS-Nachrichten aufgebaut war. Nach kurzer Zeit war sie dann technisch nicht mehr erforderlich – blieb aber als Markenzeichen.

Twitter-Chef Jack Dorsey hatte vor zwei Wochen betont, dass die Plattform grundsätzlich auf kurze Beiträge ausgerichtet bleiben solle. „Wir glauben, dass es wirklich wichtig ist, diese Kürze beizubehalten“, sagte er. Nach der Rückkehr an die Twitter-Spitze vor zwei Jahren hatte er noch mit dem Gedanken gespielt, die Einschränkung aufzuheben. Sie wurde allerdings nur für Direktnachrichten von Nutzer zu Nutzer gekippt. Danach seien sie mehr genutzt worden.

Jetzt erklärte Dorsey in einem Tweet im neuen längeren Format, die 140 Zeichen seien eine „willkürliche“ Einschränkung gewesen. Die langen Nachrichten, die nun vereinzelt auf der Plattform auftauchen, sehen gewöhnungsbedürftig aus. Einige Twitter-Nutzer unterstützten in ersten Reaktionen die Aufstockung. Andere wiederum kritisierten, dass Twitter mit dem Schritt ein Stück seiner Identität aufgebe oder erklärten, dass das Unternehmen erst einmal konsequenter gegen andere Probleme wie das Publizieren von Tweets mit Hassreden vorgehen sollte.

Twitter erklärte in einem Blogeintrag, man hoffe, dass mit den Änderungen weniger Tweets an die Text-Obergrenze stoßen, „was es für alle einfacher machen sollte, zu twittern“. Der chronisch verlustbringende Kurznachrichtendienst steht unter dem Druck der Börse, schneller die Nutzerzahlen zu steigern.

Es ist nicht das erste Mal, dass Twitter überlegt, etwas an seiner Zeichenbegrenzung zu ändern. Schon Anfang 2016 war das im Gespräch – damals war allerdings von 10.000 möglichen Zeichen die Rede.

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