Twitter-Accounts westlicher Medien: Störgezwitscher aus Syrien
Nachdem auch Twitter-Konten der Zeitung „The Guardian“ gehackt wurden, warnt Twitter vor weiteren Angriffen. Dahinter steht vermutlich die Syrische Elektronische Armee.
NEW YORK/LONDON dpa/ap | Nachdem Unbekannte das Twitter-Profil der US-Agentur AP gekapert und eine Falschmeldung über Explosionen im Weißen Haus in die Welt gesetzt haben, ruft der Online-Dienst die Medien zu erhöhter Vorsicht auf. Eine der Empfehlungen lautet sogar, das Twitter-Konto ausschließlich von einem speziellen Computer zu befüllen, mit dem man nicht im Netz surft oder E-Mails liest.
Bei den erfolgreichen Hacker-Angriffen werden meist die Passwörter von Nutzern mit Hilfe präparierter E-Mails auskundschaftet.
„Wir glauben, dass diese Angriffe nicht aufhören werden“, warnte Twitter die Medien-Unternehmen. Sie blieben ein attraktives Ziel für Hacker. Der falsche AP-Tweet zu den angeblichen Explosionen im Weißen Haus war zwar schon nach wenigen Minuten dementiert worden, löste aber einen kurzfristigen Einbruch am US-Aktienmarkt aus. „Bitte helfen Sie uns, Ihre Konten sicher zu halten“, appellierte Twitter an die Medien-Firmen.
Erst am Wochenende waren Twitter-Konten der britischen Zeitung The Guardian zum Ziel eines Hackerangriffs geworden. Die Zeitung bestätigte am Montag, dass mehrere ihrer Konten bei dem Kurznachrichtendienst manipuliert wurden. Die Angriffe seien offenbar von Internet-Adressen in Syrien gestartet worden.
Klassisches „Phishing“
Laut dem Guardian handelte es sich bei den Attacken um klassisches „Phishing“, bei dem die Empfänger gefakter e-Mails dazu verleitet werden, auf Links zu klicken, über die die Hacker sich den Zugang zu sensiblen Daten verschaffen oder die Kontrolle über Konten in sozialen Netzwerken erlangen können.
Zu der Tat bekannte sich eine Gruppe namens Syrian Electronic Army (Syrische Elektronische Armee). Sie warf dem Guardian vor, „Lügen und Verunglimpfungen über Syrien“ zu verbreiten. Die Syrische Elektronische Armee unterstützt das Regime des syrischen Präsidenten Baschar Assad.
Laut des US-Netzsicherheitsexperten Jeffrey Carr wurde sie im Mai 2011 durch die Syrian Computer Society gegründet. Offiziell gebe es keine Verbindungen zwischen ihr und dem Staatsapparat. In einer Rede im Juni 2011 habe Baschar Assad aber direkten Bezug auf die Syrian Electronic Army genommen. Sie sei „eine wirklche Armee in der virtuellen Realtiät“, so Assads Worte laut Carr.
Vermutet wird, dass der Angriff auf den AP-Twitter-Account ebenfalls ihr Werk gewesen ist. Die Syrische Elektronische Armee (SEA) bekennt sich zudem zu Attacken auf die Konten der BBC, France 24 TV, and National Public Radio in the United States.
Aktivisten der syrischen Opposition behaupten, dass Assads Cousin Rami Makhlouf die Syrische Elektronische Armee finanziert. Kürzlich sei sie von Syrien in ein geheimes Büro in Dubai umgezogen.
Makhlouf würde den Hackern normalerweise 500 bis 1,000 Dollar für jede erfolgreiche Attacke bezahlen. Sie würden auch freie Unterkunft und Essen erhalten. Syriens Regierung gebe in der Regel die Anweisung, welche westliche Webseite zu hacken sei, gelegentlich würde die SEA die Ziele selbst wählen.
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