Türkei bereitet Offensive im Nordirak vor: Militäraktion gegen die Kurden
Mit der Militäraktion reagiert Ankara auf wiederholte Angriffe der PKK. Die USA und der Iran sollen ihre militärische Unterstützung zugesagt haben.
ISTANBUL taz | Nach übereinstimmenden Informationen türkischer Medien bereitet die türkische Armee eine Bodenoffensive in den Nordirak vor. Der geplante Einmarsch ist zunächst eine Reaktion auf die Angriffe, die die kurdische PKK seit Juli durchführt. Allein in den letzten Tagen kamen bei einem Bombenangriff in Ankara und dann bei drei weiteren Attentaten in den kurdischen Gebieten etliche Zivilisten ums Leben.
In der vergangenen Woche erschoss die PKK versehentlich vier junge Frauen, als sie auf eine Auto feuerte, in dem sie Zivilpolisten vermutete. Am Dienstag kamen in Batman eine junge hochschwangere Frau und ihre sechsjährige Tochter ums Leben, als sie in einen Angriff der PKK auf den Autokonvoi des Polizeichefs der Stadt gerieten.
Unlängst hatte der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan auf dem Rückflug von New York gegenüber mitreisenden Journalisten gesagt, er habe bei seinen Gesprächen am Rande der UNO-Vollversammlung mit US-Präsident Barak Obama und Irans Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad über eine größere Militäraktion gegen die PKK gesprochen.
Obama habe ihm die Unterstützung der US-Armee zugesagt. Mit Ahmadinedschad sei beschlossen worden, dass sich türkische und iranische Truppen bei einem Vormarsch auf die kurdischen Guerillalager im Nordirak koordinieren wollen.
Die PKK und ihr iranischer Ableger PEJAK haben ihre wichtigsten Rückzugslager in den nordirakischen Kandilbergen, ungefähr 100 Kilometer von der türkischen, aber nur wenige Kilometer von der iranischen Grenze entfernt.
Während kleine Gruppen von PKK-Kämpfern überall in den Bergen im Südosten der Türkei präsent sind, sitzt die militärische und politische Führung der Guerilla in den Lagern im Nordirak und steuert die Aktionen von dort.
Aufklärungsdrohnen zugesagt
Die türkische Armee ist zur Bekämpfung der PKK-Rückzugsgebiete bereits mehrfach im Nordirak einmarschiert, allerdings nie bis in die Kandilberge, sondern immer nur ins nähere Grenzgebiet, um die PKK dort zu vertreiben und eine Pufferzone einzurichten.
Dieses Mal scheint Erdogan jedoch Größeres vorzuhaben. Es gibt seit Wochen Gespräche mit der Regierung in Bagdad und der kurdischen Autonomieregierung in Arbil. Obama soll Erdogan nun Aufklärungsdrohnen zugesagt haben und ist eventuell auch bereit, unbemannte Kampfflugzeuge, wie sie jetzt an der Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan eingesetzt werden, zur Verfügung zu stellen.
Unterdessen haben erstmals seit langem zivilgesellschaftliche kurdische Organisationen gegen die Angriffe der PKK protestiert. Sie gingen die in Diyarbakir mit Transparenten wie "Nicht in meinem Namen" auf die Straße.
Politische Lösung
Gleichzeitig wächst auch der Druck auf die kurdischen Parlamentsabgeordneten, die seit ihrer Wahl im Juni das Parlament boykottieren, mit Beginn der Sitzungsperiode am 1. Oktober ihre Arbeit im Parlament aufzunehmen.
Die Regierung erweckt zumindestens den Anschein, dass sie neben der militärischen Offensive auch über politische Schritte nachdenkt. In den letzten Tagen wurden gezielt Informationen an die Presse weitergegeben, denen zufolge Beauftragte von Erdogan sowohl mit dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan als auch mit PKK-Vertretern verhandelt haben.
In einem Interview vor zwei Tagen bestätigte Aysel Tugluk, kurdische Abgeordnete und Anwältin von Öcalan, dass Gespräche stattgefunden haben, die aber bislang kein Ergebnis gebracht hätten.
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