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Tschechische Entschädigung für tschechische NS-Opfer

■ „Humanitäre Geste“ mit Zielrichtung Bonn

Prag (dpa/taz) – Der Streit um eine bundesdeutsche Entschädigung für die tschechischen Opfer des Nationalsozialismus geht in die nächste Runde: In der Hoffnung, die deutsche „Wiedergutmachung“ beschleunigen zu können, beschloß die Prager Regierung ihrerseits eine „humanitäre Geste“. So sollen bis zu einer Milliarde Kronen (rund 59 Millionen Mark) an die mehr als 10.000 ehemaligen Insassen von Konzentrationslagern und Haftanstalten zur Verfügung gestellt werden.

Die tschechischen Opfer des Nationalsozialismus gehören zu den wenigen, die von Bonn keine „Wiedergutmachung“ erhalten haben. Eine von Bundeskanzler Helmut Kohl vorgesehene Geste des guten Willens scheiterte bisher am Einspruch der Sudetendeutschen, von denen nach dem Zweiten Weltkrieg über drei Millionen aus der Tschechoslowakei vertrieben worden waren. Der Besitz der Deutschen war vom Staat beschlagnahmt worden.

Wieviel jedes einzelne NS-Opfer bekommen wird, ist noch nicht bekannt. Die Zeitung Rude pravo nannte 9.000 Kronen (530 Mark) als Grundsumme plus 1.100 Kronen (65 Mark) für jeden Monat Haft in einem Konzentrationslager. Wie Ministerpräsident Václav Klaus sagte, könnten die für die humanitäre Geste vorgesehenen Mittel aus dem inzwischen verstaatlichten Besitz der Kommunistischen Partei gewonnen werden. Klaus bekräftigte, daß Prag seine Entschädigungsforderungen für die NS-Opfer gegenüber Deutschland aufrechterhalten wird. Deshalb sei auch der Terminus „humanitäre Geste“ geprägt worden, um den ursprünglichen Begriff „Entschädigung auf Vorschußbasis“ zu umgehen. Er schließe aber aus, daß bis zu den Bundestagswahlen in Deutschland entsprechende Verhandlungen mit Bonn stattfinden könnten.

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