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Trotz Kritik vom UN-SicherheitsratHaitis Wahlrat bleibt stur

Das Ergebnis der Präsidentschaftswahl wird nicht korrigiert. Es bleibt bei einer Stichwahl zwischen Mirlande Manigat und Regierungskandidat Jude Célestin.

Wird er Prezidan? Jude Célestin darf in die Stichwahl. Bild: dpa

SANTO DOMINGO taz | Der Provisorische Wahlrat (CEP) von Haiti hat die Empfehlungen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ignoriert und das umstrittene Wahlergebnis vom 28. November vergangenen Jahres nicht korrigiert. Die Wahl sei gültig, sagt der Chef der Wahlkommission Dorsinvil Gaillot am Donnerstag in Radio Kiskeya mit.

Damit gilt das vorläufige Endergebnis, demzufolge auf die rechtskonservative Rechtsprofessorin Mirlande Manigat 31,6 Prozent der Stimmen entfielen. Zweitplatziert ist der vom Staatspräsidenten favorisierte Kandidat der Regierungspartei "Einheit", Jude Célestin, der mit 22,5 Prozent rund 0,6 Prozentpunkte vor dem Drittplatzierten, dem Kompa-Sänger "Sweet Micky" Michel Martelly liegt. Lediglich eine Million der 4,7 Millionen Stimmberechtigten hatten sich an der Präsidentschafts- und Parlamentswahl beteiligt.

Somit würden Minagat und der Schwiegersohn von Préval in der Stichwahl gegeneinander antreten. Die internationalen Wahlbeobachter hatten ein Revision des Ergebnis gefordert, weil das Stimmergebnis für Célestin nur durch massive Wahlmanipulationen zustande gekommen sei. Sie empfahlen eine Stichwahl zwischen Manigat und Martelly.

Politische Beobachter rechnen in den nächsten Tagen mit heftigen Auseinandersetzungen in Port-au-Prince und den südlichen Provinzen, wo der Sänger viele Anhänger besitzt. Der populäre Sänger "Sweet Micky" forderte im haitianischen Rundfunk seine Anhänger auf, gegen die "Manöver von Präsident Préval und der provisorischen Wahlkommission" zu protestieren. Sie sollten "friedlich demonstrieren" und ein "gutes Resultat" verlangen. Schon vor Schließung der Wahllokal im November waren seine Wähler auf die Straße gegangen, hatten brennende Barrikaden errichtet und Wahllokale angegriffen, weil sie gegen Manipulationen beim Urnengang protestieren wollen.

Auch der UN-Sicherheitsrat hat Haiti noch einmal eindringlich gewarnt, an der Entscheidung des CEP festzuhalten. Ein Stichwahl, an der Célestin teilnehme, bedeute, dass sich das Land nach dem "verheerenden Jahr" mit Erdbeben und Choleraepidemie nicht auf den Wiederaufbau ihres Landes konzentrieren könne, warnte in New York der Alain Le Roy im Sicherheitsrat. Der Untergeneralsekretär ist weltweit für den Einsatz der UN-Blauhelme verantwortlich und damit auch für die rund 12.000 UN-Soldaten und -Polizisten, die derzeit in Haiti stationiert sind.

Der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig unterstützte ebenfalls "die Empfehlungen der OAS-Expertenkommission", das Wahlergebnis zu korrigieren. Er habe die "große Sorge", dass die politische Krise den Wiederaufbau des Landes behindere, sagte Wittig.

Der am Sonntag überraschend aus seinem französischen Exil zurückgekehrte Ex-Diktator Jean-Claude Duvalier hat über seinen Anwalt jeden Zusammenhang seiner Rückkehr mit der Wahl zurückgewiesen. Er wolle in den derzeitigen Wahlprozess nicht eingreifen, ließ Duvalier in einer Erklärung in Radio Kiskeya verkünden. Der 59 Jahre alte "Baby Doc", in dessen 15-jähriger Regentschaft rund 30.000 Oppositionelle ermordet wurden, ist inzwischen offiziell unter Anklage gestellt worden. Gleichzeitig wurde von einem Ermittlungsrichter gegen Duvalier ein Ausreiseverbot erlassen. Er darf das Land vorerst nicht mehr verlassen.

Aristide will zurückkehren

Aus Südafrika hat sich derweil ein anderer Ex-Staatschef öffentlich gemeldet. Der 2004 von den USA ins Exil gedrängte Jean-Bertrand Aristide will ebenfalls in seine Heimat zurückkehren und sich in den derzeitigen politischen Prozess einbringen. Während Frankreich durchaus duldete, dass "Baby Doc" mit einem Diplomatenpass ungehindert aus und in Haiti einreisen durfte und damit eine weitere politische Krise auslöste, übt es gemeinsam mit den USA auf Südafrika Druck aus, den ehemaligen Armenpriester Aristide nicht Richtung Karibik ausreisen zu lassen.

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