Trotz Dienstwagen-Posse: Ulla Schmidt darf ins Wahlkampfteam
Weil der Rechnungshof sie entlastet, darf die Gesundheitsministerin nun doch ins SPD-Spitzenteam. Vorher war sie in die Kritik geraten, weil sie ihren Dienstwagen in den Spanienurlaub mitgenommen hatte.
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BERLIN dpa | SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt trotz der Dienstwagen-Affäre noch in sein Wahlkampf-Team geholt. Nach der Entlastung der Ministerin durch einen Bericht des Bundesrechnungshofs erklärte Steinmeier am Samstag: "Das Ergebnis ist klar und eindeutig, und damit ist Ulla Schmidt Teil meines Teams." Der Rechnungshof war nach zehn Tagen Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Ministerin mit der Nutzung des Dienstwagens im Spanien-Urlaub "im Rahmen der einschlägigen Vorschriften" verhalten habe.
Schmidt selbst sieht sich dadurch bestätigt. "Ich bin froh, dass die Prüfung so schnell gegangen ist", sagte sie. Die SPD-Politikerin stand massiv in der Kritik, weil sie ihre Dienst-Limousine - einen Mercedes der S-Klasse - samt Fahrer 2.500 Kilometer nach Spanien nachkommen ließ. Das Auto wurde gestohlen, ist inzwischen aber wieder da. Auch aus der eigenen Partei gab es viel Kritik. Dort wird befürchtet, dass die Affäre die SPD bei der Bundestagswahl am 27. September Stimmen kosten könnte.
In einem Schreiben kommt der Rechnungshof zu dem Urteil, dass sich Schmidt formal korrekt verhalten habe. Darin heißt es wörtlich: "Frau Bundesministerin für Gesundheit hat ihr Dienstfahrzeug im Rahmen der einschlägigen Vorschriften genutzt. Dem Bundeshaushalt ist folglich kein Schaden entstanden." Schmidt muss wie üblich den geldwerten Vorteil der Privatfahrten versteuern.
Wegen der Affäre hatte Steinmeier die Zuständigkeit für Gesundheitspolitik in seinem Team zunächst unbesetzt gelassen. Zehn Tage nach der Präsentation der anderen Mitglieder nahm er Schmidt nun nachträglich auf. Bei einer SPD-Veranstaltung am Sonntag in Erfurt bat er um Fairness für die Ministerin. Er lobte Schmidt dafür, dass sie gegenüber mächtigen Interessengruppen Standhaftigkeit bewiesen habe. "Gerade jetzt zeigen sich in der Krankenversicherung die Erfolge ihrer Politik."
Dem Rechnungshof zufolge gab Schmidt an, dass die Limousine mit Ausnahme von zwei Dienstfahrten von 72 Kilometern nur privat genutzt wurde. Die Ministerin kündigte an, alle Privatfahrten - also auch die rund 5.000 Kilometer An- und Abreise - als geldwerten Vorteil zu versteuern. Künftig will sie jedoch Urlaub und dienstliche Termine voneinander trennen, "damit auch nicht der Anschein entsteht, als würde private und dienstliche Nutzung vermischt".
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