Troika trifft Serben und Albaner: EU weiter uneins über Kosovo
Troika-Unterhändler Ischinger glaubt nicht an eine Einigung über den Status der Republik. Der Sieger der Wahlen schlägt moderate Töne an.
BRÜSSEL taz Den Europäern läuft die Zeit weg. Am 10. Dezember muss die Troika aus Russland, den USA und der EU dem UN-Generalsekretär in New York darlegen, wie sie sich die Zukunft der de facto von Serbien unabhängigen Provinz Kosovo vorstellt. Russland hatte im Juli eine Abstimmung darüber im Weltsicherheitsrat blockiert. Serbien wiederum will nur eine Entscheidung akzeptieren, die der Weltsicherheitsrat abgesegnet hat.
Am Dienstag traf sich die Troika mit Vertretern der Serben und Albaner in Brüssel. Auch russische und amerikanische Unterhändler waren bei dem Treffen dabei. Der Sieger der Parlamentswahlen im Kosovo, Hashim Thaçi, schlug gemäßigte Töne an. "Kosovo ist bereit für die Unabhängigkeit. Aber wir werden nichts ohne Absprache mit unseren Partnern in Washington und Brüssel machen." Er wolle mit jedem in der Region für Frieden und Stabilität zusammenarbeiten, "auch mit Serbien".
Dennoch ist EU-Unterhändler Wolfgang Ischinger skeptisch, dass eine Einigung zustande kommt. "Wir haben alle denkbaren Optionen der Quadratur des Kreises des Kosovo durchgespielt." Zuletzt hatte Ischinger einen Grundlagenvertrag zwischen Serbien und Kosovo nach dem Vorbild des Vertrags zwischen beiden deutschen Staaten in die Diskussion eingebracht. Eine solche Konstruktion würde es beiden Seiten ermöglichen, nicht als Verlierer dazustehen. Der amtierende Ratspräsident der EU, der portugiesische Außenminister Luís Amado, hatte Ischinger am Montag die Unterstützung des Rates für diesen Vorschlag zugesichert. Damit bewegt sich Amado auf dünnem diplomatischem Eis, denn die EU ist in der Kosovo-Frage gespalten. Außenpolitische Entscheidungen kann sie aber nur einstimmig treffen. Derzeit blockieren vor allem Griechenland und Zypern Pläne, die auf eine Unabhängigkeit des Kosovo zulaufen. Aber auch Ländern wie Spanien und Ungarn, die sich Unabhängigkeitsforderungen von Minderheiten im eigenen Land gegenübersehen, bereitet das Thema Unbehagen.
Entsprechend vage fielen die Schlussfolgerungen aus, auf die sich der Rat der Außenminister in Brüssel einigte. Wie wird die EU reagieren, wenn das Kosovo, wie von kosovarischen Politikern angekündigt, am 10. Dezember einseitig die Unabhängigkeit ausruft? Darauf antwortete Amado nur ausweichend: "Man sollte mögliche Szenarien nicht dramatisieren. Natürlich wäre eine gemeinsame europäische Antwort ein Stabilitätsfaktor. Jeder europäische Politiker muss die Risiken und Herausforderungen der Situation erkennen."
Der außenpolitische Vertreter der EU, Javier Solana, deutete am Montag an, zur Not werde es eine Lösung gegen den Willen Russlands und ohne neue UN-Resolution geben. Er sagte: "Wir haben keine Möglichkeit, den Sicherheitsrat zu einer Entscheidung zu zwingen. Wenn er keine Entscheidung fällt, ist das nicht das Ende der Welt. Dann müssen wir den Kosovo anders unterstützen, mit Polizeikräften, mit zivilen Hilfskräften." Er werde das noch vor dem 10. Dezember mit dem UN-Generalsekretär erörtern.
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