piwik no script img

Trinkgeld für die Lehre

Trinkgeld für die Lehre

Auf welchen Schreck werden sich die Studierenden in diesem Semester einstellen müssen? Studiengebühren, Zwangsexmatrikulation? Man wolle eine Reform zur Studienzeitverkürzung anschieben, war Mitte März aus dem Bauch der Finanzbehörde zu vernehmen. Konkreteres vermochte Behördensprecher Matthias Woisin nicht zu sagen. Wohl aber, daß man Sympathie für die zehn Thesen habe, die der Wissenschaftsrat in Kölln letzten Herbst unters Volk brachte.

Und siehe da, Ende März beschäftigte sich prompt der Hamburger Arbeitskreis Hochschulen der SPD mit den zwei populärsten Forderungen des Köllner Papiers: dem Ausbau der Fachhochschulen auf Kosten der Universitäten und der Splittung des Uni-Studiums in eine berufsbefähigende Ausbildung von acht Semestern und ein anschließendes Promotionsstudium.

Beide Vorschläge, so das Fazit des Arbeitskreises, seien weder neu noch durchdacht. Eine Splittung in Regelstudium und Promotionsstudium gibt es in Hamburg schon seit 1978, zu kürzeren Studienzeiten hat sie nicht geführt. Für Hamburg, so die SPD-Hochschulexpertin Dorothee Stapelfeld, „würde sich da gar nichts ändern“, es sei denn, „man schmeißt die Leute“. Und die zwangsweise Exmatrikulation, das hat selbst der Wissenschaftsrat eingeräumt, ist nur diskutabel, wenn die Studiengänge auch regulär studierbar sind.

Auch ein Ausbau der Fachhochschulen würde für Hamburg zunächst nur mehr kosten. Dennoch will der Arbeitskreis die Frage klären, worin sich denn ein FH-Studium von einem Uni-Studium unterscheidet oder ob das Ganze nur eine Statusfrage ist? Die Antwort soll in Form von Thesen publiziert werden — irgendwann im Sommer.

Ob das der Finanzbehörde schnell genug geht? Man werde im Mai Gespräche mit den Behörden- Chefs über den Haushalt '94 führen und dann würde jeder sich auch die Frage nach der Einnahme-Seite gefallen lassen müssen, sagt Woisin.

Also doch Studiengebühren? Da war doch noch was? Richtig, Wissenschaftssenator Hajen hatte erst im Dezember verkündet, Studiengebühren kämen für Hamburg nicht in Frage. Aus sozialpolitischen Gründen und weil sich der Verwaltungsaufwand nicht rechnet.

Also was sonst? Studienreform im Sinne von Einfach-besser-sein? Auch die Finanzminister wünschen Evaluation. „Es müßte doch möglich sein, es so zu organisieren, daß man zufrieden ist mit dem, was man hat“, sagt Matthias Woisin, der überfüllte Seminare für die Folge einer Fehlorganisation hält. Die Qualität-der-Lehre-Diskussion findet man am Gänsemarkt denn auch gut. Woisin: „Nur schade, daß dafür eine Million Mark Trinkgeld nötig war.“ Gemeint ist der Innovationsfonds, mit dem die Wissenschaftsbehörde 1993 insgesamt 42 Projekte zur Verbesserung der Lehre fördert. Ein Betrag, der angesichts realer Einsparungen wie Vakanz-Rate und Erhaltung des Status quo lächerlich ist. Kaija Kutter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen