Trennung von Italienern und Immigranten: Parlament billigt Apartheid in Schulen
Immigrantenkinder sollen in Italien fortan separat unterrichtet werden. Ein Antrag der fremdenfeindlichen Regierungspartei Lega Nord wurde im Abgeordnetenhaus gebilligt.
ROM taz Italiens Abgeordnetenhaus hat am Mittwoch die Trennung von Immigrantenkindern und italienischen Schülern gebilligt. Damit hatte ein Antrag der fremdenfeindlichen Regierungspartei Lega Nord Erfolg. Dieser sieht die Bildung von separaten Klassen für alle Ausländer vor, die nachgewiesenermaßen nur über unzureichende Italienischkenntnisse verfügen.
Die Lega Nord freut sich über diesen Akt "positiver Diskriminierung" im Namen einer "besseren Integration". In Wirklichkeit geht es nicht darum, den Spracherwerb zu erleichtern. Bisher hat die Integration der kleinen Immigranten in den "normalen" Klassen gut funktioniert. Jetzt sollen sie separat Italienisch lernen und "den Respekt für lokale und territoriale Traditionen" genauso wie für "die moralische Andersartigkeit und religiöse Kultur des aufnehmenden Landes" eingepaukt bekommen.
Oppositionschef Walter Veltroni sprach von einem "unglaublichen" Vorhaben und Guglielmo Epifani, Chef des mächtigen Gewerkschaftsbunds CGIL, fühlte sich an die Apartheid erinnert. Auch Vertreter der Regierungspartei Alleanza Nazionale stellten sich gegen die Umsetzung des Parlamentsbeschlusses. So forderte Roms Bürgermeister Gianni Alemanno eine "Denkpause" und verlangte die Anhörung von Sozialverbänden.
Keine Denkpause gibt es für die vom Abgeordnetenhaus gebilligte und dem Senat vorliegende "Reform" der Grundschule, die von der Berlusconi-Ministerin Mariastella Gelmini eingebracht wurde. Dass in Italiens Schulen Reformbedarf herrscht, ist unstrittig. Ausgerechnet die Grundschulen funktionieren aber am besten und schneiden in internationalen Tests gut ab.
Das könnte sich bald ändern: Knapp 90.000 der etwa 750.000 Lehrerstellen will die Regierung binnen drei Jahren streichen und so 8 Milliarden Euro einsparen. Dafür wird den Grundschulklassen der "maestro unico" (der "einzige Lehrer") verordnet. Obwohl ein Gutteil der Grundschüler in Vollzeitklassen mit 40 Stunden Unterricht geht, soll jede Klasse nur noch einen Lehrer mit 24 Stunden Lehrdeputat bekommen. Die Vollzeit wolle sie nicht angreifen, erklärt Gelmini. Faktisch aber würde der Nachmittagsunterricht zu Hausaufgaben- und Spielbetreuung herabgestuft - oder eben abgeschafft. Die Reform stößt auf positive Resonanz bei den konservativen Wählern. Denn Gelmini wärmt die Herzen derer, die von der guten alten Schule der Fünfzigerjahre träumen: mit der Wiedereinführung von Benimmnoten, der Pflicht, Schulkittel zu tragen und der Ersetzung der differenzierten Beurteilung der Schüler durch die alten Zeugnisnoten. Zugleich sollen künftig öffentliche Schulen in Stiftungen privaten Rechts umgewandelt werden. Damit könnten Schulen in reicheren Vierteln private Mittel einwerben, um die Staatsstreichungen zu kompensieren - ein Zweiklassensystem wäre durch die Hintertür eingeführt.
Den Namen Gelminis trägt auch das Spardekret für Universitäten. 1,5 Milliarden Euro sollen ihnen bis 2013 entzogen werden. Zudem werden massiv Stellen gestrichen. Nur jede fünfte frei werdende Wissenschaftlerstelle darf neu besetzt werden. Auch die Unis "dürfen" sich als private Stiftungen konstituieren und private Mittel einwerben - in einem Land, in dem Privatfirmen nur minimale Investitionen in Forschung und Entwicklung tätigen.
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