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■ KommentarTransrapide Pendelpflicht

Politisch wird da nichts entschieden. Ob der Transrapid zwischen Hamburg und Berlin ins Schweben kommt, darüber bestimmen allein die Industriekonzerne mit ihren Finanzierungsvorschlägen. Und die haben, nachdem der Flitzer auf Stelzen schon sanft entschlummert war, noch mal kräftig draufgelegt, um das Vorzeigeprojekt, mit dem einst auch Exportmilliarden eingefahren werden sollen, auf die Beton-Beine zu stellen.

Doch bei den Zahlenberechnungen des Industriekonsortiums ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Um 15 Millionen Fahrgäste, die den Transrapid-Betrieb angeblich rentabel gestalten könnten, in die High-Tech-Schwebebahn zu bekommen, müßten vermutlich alle HamburgerInnen und BerlinerInnen zwangsverpflichtet werden, mehrmals jährlich zwischen den Städten hin- und herzupendeln. Die Kosten dürften, wie bei solchen Projekten Regel und nicht Ausnahme, weiter (trans)rapide in die Höhe schnellen. Doch wenn die von Bonn bezahlte Trasse erst mal steht, so können sich die Vorständler von Thyssen, Siemens & Co sicher sein, wird der Bund der Industrie eher erneut unter die Arme greifen, als die Stelzen-Strecke als längstes Freilichtmuseum der Republik zu nutzen.

Ob verkehrspolitisch sinnvoll, ökologisch verantwortlich - darüber wird kaum diskutiert. „Mit Japan mithalten“ heißt die Devise. Während der Bund brav die Teststreckenwünsche der Wirtschaft erfüllt, fehlt gleichzeitig das Geld, die Bundesländer bei der Regionalisierung der Bundesbahn finanziell vernünftig auszustatten. Während das Bundesforschungsministerium „der Welt zeigen“ will, was man mit dem Transrapid alles „machen kann“, droht die Stillegung einer Reihe von Schienenstrecken, die für einen umweltfreundlichen Regionalverkehr die entscheidende Rolle spielen. Statt den Transrapid wie jedes neue Großprojekt euphorisch zu bejubeln, sollte der Hamburger Senat ihn blockieren, bis die Bahn gerettet ist.

Marco Carini

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