: Transplantationen besser organisiert
Spanien zeigt, wie es geht: Hier werden mehr als doppelt so viele Organe gespendet wie in Deutschland
BERLIN taz ■ In keinem Land werden mehr Organe gespendet als in Spanien: 35 Organe auf eine Million Einwohner sind es – in Deutschland waren es im letzten Jahr nur 14,6. Seit der Gründung der Spanischen Organisation für Organtransplantationen (ONT) im Jahr 1989 ist das spanische Modell weltweit zum Vorreiter geworden.
Diesen Erfolg erklärte Rafael Matesanz, Direktor der ONT, der taz gegenüber so: „Wie viele Organe gespendet werden, hängt nicht von der erklärten Bereitschaft der Bevölkerung zur Spende ab.“ In den Niederlanden zum Beispiel seien besonders viele Menschen zur Organspende bereit. Dort sind die Spenden 2008 aber um über 20 Prozent zurückgegangen. Auch Gesetzesänderungen würden wenig nutzen, sagt Rafael Matesanz von ONT. Bis vor kurzem habe in Singapur eine ähnliche Regelung gegolten wie in Deutschland: ohne Organspendeausweis keine Entnahme. Nun muss eine Organspende eigens ausgeschlossen werden. Trotzdem gab es nicht mehr Transplantationen. „Was zählt, ist die Rate, mit der potenzielle Organspender entdeckt werden – und dafür hat Spanien in den letzten 20 Jahren ein besonderes System entwickelt“, so Matesanz.
Und das sieht folgendermaßen aus: In jedem Krankenhaus gibt es einen eigenen Koordinator für Transplantationen, ein Arzt der Intensivstation. Dieser Arzt identifiziert potenzielle Organspender und beginnt sofort den für eine Transplantation nötigen Prozess. In Spanien gibt es insgesamt 158 solcher Koordinatoren. Sie unterstehen direkt der ONT, die wiederum Teil des öffentlichen Gesundheitssystems ist.
In Deutschland hingegen werden Transplantationen von Schwestern koordiniert, die von außerhalb mehrere Krankenhäuser gleichzeitig betreuen. Ihr Erfolg hängt davon ab, dass die Krankenhäuser sie rechtzeitig informieren. Übergeordnet zuständig ist die Deutsche Stiftung für Organtransplantation. Da diese nur als Stiftung agiert, kann sie jedoch kaum Einfluss auf einzelne Krankenhäuser ausüben.
Taugt Spanien als Modell für Deutschland? Ein Problem bei der Umsetzung des spanischen Modells wäre, dass es in Deutschland so viele kleine und mittlere, oft private Krankenhäuser gibt – insgesamt wären dadurch über 1.000 Koordinatoren nötig, um alle potenziellen Organspender zu entdecken. Trotzdem könnte sich Deutschland dem spanischen Modell annähern. England, Italien und mehrere lateinamerikanische Länder haben das längst mit Erfolg getan.
JETTE GINDNER