Tranparency über EU-Institutionen: Besser als ihr Ruf, aber nicht gut
Die EU-Integritätsstudie von Transparency International belegt: Es gibt Defizite beim Schutz vor Korruption in EU-Institutionen. Aber das ist nicht das einzige Problem.
BERLIN dpa | Die EU-Institutionen halten sich nach Einschätzung der Organisation Transparency International zu wenig an Anti-Korruptions-Regeln. Es gebe zwar zahlreiche Vorschriften, um Korruption zu verhindern, allerdings würden sie oft nicht umgesetzt, beklagt die Organisation in ihrer aktuellen EU-Integritätsstudie. „Vor allem reichen die Schranken gegenüber einem ausufernden Lobbyismus nicht aus“, sagte die Vorsitzende der deutschen Sektion, Edda Müller, am Donnerstag bei der Vorstellung des Berichts in Berlin.
Transparency International nahm sich für die Studie zehn EU-Institutionen vor – darunter das Europäische Parlament, die EU-Kommission und den Europäischen Rat. Das EU-Büro der Antikorruptionsorganisation untersuchte die Einrichtungen mit Blick auf Unabhängigkeit, Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität.
Die Autoren loben, die EU-Institutionen machten zwar viele Dokumente und Informationen aus ihren Entscheidungsprozessen öffentlich zugänglich, insbesondere das EU-Parlament. Viele wichtige Verhandlungen liefen aber hinter verschlossenen Türen. Außerdem seien die Verantwortlichen in den EU-Einrichtungen nicht verpflichtet, Kontakte zu Lobbyisten während des Gesetzgebungsprozesses offenzulegen. Auch ein verpflichtendes Register mit allen auf EU-Ebene tätigen Lobbyisten fehle.
Müller beklagte, derzeit gebe es zwar ein Register. Dies sei aber nicht verbindlich und „in keinster Weise vollständig“. 6.000 Lobbyvertreter seien darin verzeichnet, vermutlich sei die tatsächliche Zahl aber mehr als doppelt so hoch.
Zu komplexe Regeln
In dem Bericht heißt es weiter, es gebe zwar zahlreiche Vorschriften, um Interessenkonflikte von EU-Mitarbeitern zu vermeiden – etwa mit Blick auf einen späteren Wechsel in die Wirtschaft. Die Regeln seien aber komplex und für die Mitarbeiter selbst schwer durchschaubar. Müller kritisierte, auch die Vorschriften für einen Wechsel von EU-Kommissaren auf lukrative Wirtschaftsposten seien zu lax. Konkrete Beispiele für Verstöße nannte sie aber nicht.
Weitere Kritik der Korruptionsbekämpfer: Die Nebeneinkünfte der Abgeordneten im EU-Parlament würden nicht ausreichend geprüft. Auch gebe es keine ausreichenden Vorkehrungen zum Schutz von Whistleblowern, also von Leuten, die Missstände enthüllen. EU-Mitarbeiter hätten daher kaum Anreize, Fehlverhalten zu melden. An einigen Stellen müsse nachgebessert werden.
Der Bericht beschränkt sich allerdings auf Risiken und die mögliche Anfälligkeit für Korruption. Tatsächliche Beispiele für Bestechung oder Korruption innerhalb der EU-Strukturen lieferte Transparency nicht. Solche Vergehen seien schwer nachzuweisen, es gebe ein großes Dunkelfeld, sagte Müller. Sie berichtete aber von einem Fall, in dem Journalisten verdeckt drei Europaparlamentariern Geld gezahlt hätten, um ein Gesetzgebungsverfahren zu beeinflussen – mit Erfolg. „Das war eine Finte“, sagte sie. „Aber es zeigt, dass es möglich ist.“
Die EU-Institutionen seien generell besser als ihr Ruf, sagte Müller. „Aber sie sind nicht gut genug.“ Bei der Umsetzung von Anti-Korruptions-Regeln mangele es mitunter am politischen Willen oder den nötigen Ressourcen. Für eine korruptionssichere EU müsse mehr getan werden.
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