piwik no script img

Archiv-Artikel

frisches flimmern Träume bleiben oft Illusion

Patriotismus

Der amerikanische Traum ist vorbei. Auch der Düsseldorfer Filmemacher Wim Wenders (“The Soul of a Man“) ist aufgewacht. In seinem Schnellschussfilm „Land of plenty“ erzählt er vom Mythos Amerika und wirft einen kritischen Blick auf die Kehrseite: Paul (John Diehl) wurde als 18-Jähriger im Vietnamkrieg verheizt, leidet heute noch unter den Nachwirkungen. Trotzdem ist er Patriot. Der 11. September hat sein Kriegstrauma verschlimmert. Besessen davon, sein Vaterland gegen potentielle Selbstmordattentäter verteidigen zu müssen. durchkreuzt er mit seinem Abhörwagen die Elendsviertel von L.A. Als ein Obdachloser auf offener Straße ermordet wird, trifft er zufällig auf seine Nichte Lana (Michelle Williams), die in der Armenküche aushilft. Zehn Jahre lang lebte die Idealistin in Afrika und im Nahen Osten, kehrte zurück in die fremd gewordene Heimat. Sie ist schockiert, dass sich niemand für den niedergeschossenen Obdachlosen interessiert. Gemeinsam wollen sie mehr über den Toten herausfinden. Wim Wenders bitterkomisches Roadmovie „Land of Plenty“ handelt von der unerschütterlichen Zuversicht an die amerikanischen Urtugenden: „Ich glaube, der amerikanische Traum ist vorbei. Er gehört ins 19. Jahrhundert und wurde dank der Massenwirkung des Kinos zu einem der größten und mächtigsten Mythen des 20. Jahrhunderts.“ Wenders drehte nur 16 Tage mit einer Digitalkamera.

Schwesternliebe

Als die beiden sechsjährigen Zwillinge Anna (Nadja Uhl) und Lotte (Thekla Reuten) nach dem Tod der Eltern im Jahr 1922 getrennt werden, entwickeln sich ihre Lebenswege höchst unterschiedlich. Anna muss zu Verwandten auf einen deutschen Bauernhof, wird ausgebeutet, misshandelt und darf nicht zur Schule gehen. Die an Tuberkulose erkrankte Lotte kommt dagegen in eine wohlhabende Pflegefamilie nach Holland. Die Familien unterbinden jegliche Kontaktaufnahme. Als junge Frauen sehen sich die Schwestern wieder, doch mittlerweile trennt sie mehr als räumliche Distanz. Im Streit gehen sie auseinander. Erst 50 Jahre später ergibt sich in einem Sanatorium die Möglichkeit zur Versöhnung. Der niederländische Regisseur Ben Sombogaart (“Der Junge, der nicht mehr sprechen wollte“) verfilmte den gleichnamigen Bestseller von Tessa de Loo. „Die Zwillinge“ war dieses Jahr für den Oscar 2004 als „Bester ausländischer Film“ nominiert. Ein bewegendes Drama über die vom Schicksal gepeinigte Schwesternliebe während der Nazi-Zeit.

STEFAN ORTMANN