piwik no script img

Archiv-Artikel

Tränenpalast sieht Ende drohen

Betreiber will Kaufpreis nicht zahlen: Zu teuer, sagt Geschäftsführer Marcus Herold. Er befürchtet, dass der Spielbetrieb die Bauarbeiten am Spreedreieck nicht übersteht

Der Chef des Tränenpalastes am Bahnhof Friedrichstraße sagt das Ende des Veranstaltungsorts voraus. Zu massiv würden die auf zwei bis drei Jahre geschätzten künftigen Bauarbeiten am Spreedreieck den Betrieb beeinträchtigen. „Ich glaube nicht, dass wir die Bauphase überleben werden“, sagt der Chef und Gründer des Kulturbetriebs, Marcus Herold. Erst recht nicht, wenn der Investor, dem er wenig Interesse am Spielbetrieb zuschreibt, auch noch den Tränenpalast kaufe und damit sein Vermieter werde.

Herold hatte bis gestern zwar ein Vorkaufsrecht. Er sieht sich aber außerstande, die geforderten rund 900.000 Euro – „eine utopische Summe“ – zu zahlen. Knapp die Hälfte hat er geboten – zu wenig für die Senatsverwaltung für Finanzen.

Es ist das jüngste Kapitel einer langen Geschichte um das Gelände zwischen Bahnhof, Spree und Friedrichstraße. Investor Harm Müller-Spreer hat vom Land Grundstücke neben dem Tränenpalast gekauft und will diese stark bebauen: angeblich ein zehnstöckiges Hochhaus und eine Tiefgarage. Der Senat will auch das Tränenpalast-Grundstück loswerden, mit der Auflage, den denkmalgeschützten Ex-Grenzübergang und seine kulturelle Nutzung zu erhalten.

Herold fordert einen „annehmbaren Preis“. Für den Senat aber entscheidet der so genannte Verkehrswert, jene rund 900.000 Euro. Das Land könne es sich nicht leisten, auf Geld zu verzichten, sagte ein Sprecher der Finanzverwaltung.

Angeblich hat Müller-Spreer Herold einen Zehnjahres-Mietvertrag angeboten. Der Tränenpalast-Chef selbst sagt, er habe ein solches Angebot nicht bekommen und davon nur in der Zeitung gelesen. Sein aktueller Mietvertrag, der bei einem Verkauf gültig bleibt, läuft bis 2008. Was für Herold wenig heißt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die Bauphase überstehen werden.“ Mit deren Beginn rechnet er frühestens in einem Jahr.

Laut Finanzverwaltung bleibt der Zugang zum Tränenpalast gesichert. Außerdem müssten die Bauarbeiten abends vor Vorstellungsbeginn enden. Für Herold nicht genug: „Wenn bei einer Probe nachmittags Metallpfosten in den Boden gerammt werden, nützt es mir nicht viel, wenn abends Ruhe ist.“ Immense Einnahmeverluste sagt er voraus – die Gäste hätten doch keine Lust, über eine Baustelle zu kriechen.

STEFAN ALBERTI