Traditionelle Ostermärsche: Friedensdemos mit Gegenwind
Der Wunsch nach einer Welt ohne Kriege und Waffen hat am Samstag zahlreiche Menschen auf die Straße gebracht. Manche Forderungen aus den Reihen der Ostermarschierer:innen sind nicht unumstritten.

Zentrale Themen waren dabei die Forderung nach Abrüstung und einer atomwaffenfreien Welt sowie die Beendigung von Kriegen, wie etwa in der Ukraine und in Israel.
„Friedensfähig statt kriegstüchtig“
„Die Ostermärsche richten sich in diesem Jahr besonders an die neue Regierung und fordern von ihr, dass Deutschland friedensfähig statt kriegstüchtig wird“, sagte Kristian Golla vom Netzwerk Friedenskooperative mit Blick auf die künftige schwarz-rote Koalition. Das gelte insbesondere für den Kurs in der Ukraine-Politik. „Der Weg zum Frieden für die Menschen in der Ukraine führt nicht über immer mehr Waffen, sondern über Verhandlungen“, sagte er.
In einigen Städten sei der Zulauf bei den Ostermärschen in diesem Jahr größer als zuletzt, teilte die Friedens- und Zukunftswerkstatt in Frankfurt mit. Allerdings sind die Ostermärsche inzwischen deutlich kleiner als auf dem Höhepunkt der Bewegung zu Beginn der 1980er Jahre.
Kritik an einigen Positionen der Friedensbewegung
In Berlin versammelten sich aber auch einige Menschen mit Ukraine-Flaggen zu einer Gegendemonstration. Sie hielten Schilder mit Aufschriften wie „Demokratie muss wehrhaft sein!“ und „Falscher Pazifismus tötet“ in den Händen.
Auch Grünen-Chefin Franziska Brantner äußerte sich kritisch zu bestimmten Demonstrationsaufrufen der Ostermärsche. „Uns verbindet der Wunsch nach Frieden, unbedingt“, sagte sie der „wochentaz“. Mit Blick auf Positionierungen etwa gegen Waffenlieferungen an die von Russland angegriffene Ukraine fügte sie aber hinzu: „Was mich an solchen Demo-Aufrufen stört: Links zu sein heißt für mich, anti-imperialistisch zu sein, den Angegriffenen beizustehen und nicht den Aggressoren.“
Veranstaltungen in mehr als 90 Städten
Die Ostermärsche werden dezentral von Gewerkschaften, linken und christlichen Gruppen sowie Friedensgruppen vor Ort organisiert. Nach Angaben verschiedener Netzwerke, die die Proste bündeln, soll es im Laufe des Wochenendes Aktionen in mehr als 90 Städten geben, die meisten davon am Karsamstag.
In Berlin beteiligten sich am Karsamstag nach Polizeiangaben rund 1.800 Personen an einem Aufzug für Frieden und Abrüstung. Die Veranstalter hätten zuvor 6.000 Teilnehmende angekündigt, sagte eine Polizeisprecherin dem Evangelischen Pressedienst. Gegen den Berliner Ostermarsch waren auch mehrere Protestveranstaltungen angemeldet, die sich insbesondere gegen einen Palästina-Block der Demonstration und gegen verschwörungsideologische Tendenzen richteten. Im Aufruf der Berliner Friedenskoordination zu dem Ostermarsch hieß es mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine unter anderem, statt „Kriegspolitik und Waffenlieferungen“ müsse die Diplomatie gefördert werden. Bei weiterer Eskalation drohe die Gefahr eines dritten Weltkriegs.
In mehreren hessischen und rheinland-pfälzischen Städten schlossen sich ebenfalls Anhänger der Friedensbewegung den Protesten an. In Mainz versammelten sich zum Auftakt des diesjährigen Ostermarsches rund 350 Menschen vor dem Hauptbahnhof. Sie forderten unter anderem einen Verzicht auf die milliardenschwere Aufrüstung der Bundeswehr. In Niedersachsen und Bremen gingen ebenfalls Menschen gegen Aufrüstung und Kriege auf die Straße. Allein in Hannover kamen laut Polizei rund 1.000 Menschen zusammen.
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