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■ Tour d' EuropeVorsicht Vorschrift!

Wer im Europa ohne Grenzen so richtig abergläubisch ist, hat nichts zu Lachen. Der muß sich nämlich nicht nur einen ganzen Katalog von Vorschriften einprägen, um Unglück zu vermeiden, sondern auch beim Überschreiten der Grenzen höllisch aufpassen. So gilt in Deutschland Freitag, der 13. als Alptraum für Abergläubische, während in Spanien niemand auf die Idee käme, an einem Dienstag, dem 13. zu heiraten oder zu verreisen. Während man in Deutschland vermeiden sollte, Salz zu verschütten, setzen SpanierInnen andere Prioritäten: dort darf man keinen Wein verkleckern.

In Galizien darf man einen Brotlaib nicht mit der Unterseite nach oben auf den Tisch legen, sonst fahren die bösen Geister hinein. In Irland spielt das hingegen keine Rolle, weil das irische Gummibrot so fade schmeckt, daß sich kein Geist hineinwagen würde — nicht mal ein böser. Mißgünstige IrInnen haben allerlei Mittel, um ihren Nachbarn Unglück auf den Hals zu hetzen. Wenn man zum Beispiel in der Walpurgisnacht, wenn die Hexen ihre Jahreshauptversammlung abhalten, beim Nachbarn ein Ei in der Scheune versteckt, legen dessen Hennen fortan keine Eier mehr. Ein anderer Fluch wirkt bei Kühen gegen das Milchgeben. Die katholische Kirche hat diesen Aberglauben lange Zeit vergeblich verteufelt und ihn sich schließlich zunutze gemacht: Wer glaubt, daß seine Kühe verflucht sind, kann beim Pfaffen eine gesegnete St. Benedikts-Medaille erstehen und sie auf der Weide vergraben.

Verschiedene Regeln gelten in den meisten Teilen Europas: Schenke niemals Messer oder Scheren, da sie die Freundschaft zerschneiden; eine schwarze Katze von links nach rechts bringt was Schlecht's; unter Leitern hindurchzugehen, Schirme im Haus aufzuspannen oder sich beim Abschied über Kreuz die Hände zu schütteln, versetzt Abergläubische in Panik. Freilich gibt es auch Gegenmittel. So ist es immer gut, einen Schornsteinfeger anzufassen. Zeige- und Mittelfinger kreuzen oder drei mal über die Schulter spucken ist auch nicht schlecht. Vierblätterige Kleeblätter und Hufeisen sind kein Geheimtip — ebensowenig wie Porzellanscherben. Vorsicht allerdings bei Glasscherben, von zerbrochenen Spiegeln ganz zu schweigen. Obacht auch bei Leuten, die Milch mit dem Messer umrühren: Das ist das Hexenzeichen.

Zuguterletzt noch ein paar Faustregeln: Wenn Sie in Italien drei Nonnen auf einmal sehen, sind Sie entweder betrunken oder verratzt. Dasselbe gilt in Spanien für drei Mönche. In Irland, wo die Geistlichkeit stets im Rudel auftritt, müssen Sie stattdessen bei einer einzelnen Elster aufpassen. Zwei Elstern künden dagegen Freude an, drei eine Hochzeit, vier einen Stammhalter und tausend einen Hitchcock-Film. In weiten Teilen Europas hat sich übrigens der Aberglaube gehalten, daß in den Zeitungen die Wahrheit steht. Die findet man freilich nur auf der letzten Seite der taz — und auf dieser Doppelseite.RaSo

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