Toter Eisbär Knut wird Medienereignis: Knut ist ausgestorben
Auch der Tod des Eisbären ist ein Medienhype: Im Zoo drängeln sich am Sonntag mehr Journalisten als Trauernde.
Der Kultbär Knut ist tot. Und sein Leben endet, wie es begonnen hat - mit einer Medienschlacht. Die Boulevardblätter B.Z. und Berliner Kurier haben bereits am Sonntag 16-seitige Sonderbeilage zu Knuts Tod gebracht. Im Zoo drängeln sich die Berlin-Korrespondenten überregionaler Tageszeitungen und internationaler TV-Stationen und suchen nach dem echten Drama. Sie sehen nicht glücklich aus.
Am Samstagnachmittag gegen 15 Uhr war der Eisbär Knut in seinem Gehege von einem Felsen ins Wasser gestürzt und gestorben. Die Ursache des plötzlichen Todes ist unklar.
Schon bei seiner ersten Präsentation in der Öffentlichkeit im März 2007 hatten sich rund 300 Journalisten und TV-Teams eingefunden. Der damalige Bundesumweltminster Sigmar Gabriel (SPD) wurde Pate des kleinen Bären und nutzte ihn als Symbolfigur im Kampf gegen den Klimawandel. "Knut war das bekannteste Zootier der Welt", sagt am Sonntag Heiner Klös, oberster Bärenbetreuer im Zoo. Es habe Besucher gegeben, die tagtäglich gekommen seien. Ein Zoo sei immer für Tiere und Menschen da, so der Bärenpfleger. An Knuts Gehege hätten sich Menschen getroffen, die sonst keine sozialen Kontakte mehr gehabt hätten. Nun regt sich Klös über die "pietätlosen" Medien auf: "Am Samstag wurden Besuchern, die Knuts Tod gefilmt haben, vor meinen Augen mehrere hundert Euro für ihren Kamerachip geboten." Da sei der Bär "noch warm" gewesen.
Auch am Sonntag gehen die wenigen echten Knut-Fans in der Medienmeute fast unter. Auf einer Hecke am Gehegerand liegen rund ein Dutzend Blumensträuße. Einige sind mit Bärenfotos, Kinderzeichnungen und "Tschüss Knut"-Widmungen geschmückt. Fast alle sind mit Frauennamen unterzeichnet. Ein Vater rüffelt seine Tochter, weil sie im Blitzlichtgewitter ihre Narzissen nicht kameragerecht an das Gatter legt. Sie klammert sich an ihren Plüscheisbären. Ein junge Britin erzählt mit Tränen in den Augen, dass sie Knut geliebt habe, weil ihr Sohn genauso alt sei wie der Bär. Eine Frau schimpft auf den Zoodirektor, der habe "auch Tiere als Futter an andere Zoos verkauft". Andere kritisieren, Knut sei zu früh mit den drei älteren Eisbärinnen des Zoos zusammengebracht worden. "Die drei Damen haben ihn gemobbt", meint eine 69-jährige Dame mit Jahreskarte. Auch am Samstagmittag sei sie hier gewesen. Da habe Knut noch sehr fidel gewirkt. Die Nachricht von seinem Tod habe sie später im Videotext gelesen.
Für die meisten Zoobesucher bleibt der Bärentod aber Nebensache. Vor dem Elefantenhaus und dem Giraffengehege versammeln sich deutlich mehr Menschen als am verwaisten Eisbärbecken. Am vollsten ist es auf dem Kinderspielplatz in der Mitte des Zoos. "Nein", sagt der Kartenkontrolleur am Eingang, "besonders voll ist es heute nicht". Im Gegenteil. Am vergangenen Sonntag, als erstmals richtig die Sonne schien, hätten die Wartenden bis zu McDonalds gestanden, gut 200 Meter von der Kasse. An diesem Sonntag ist die Schlange gerade zehn Meter lang. Der Kultbär ist tot. Die Massen ziehen weiter. Die jungen Löwen, so die 69-Jährige mit der Jahreskarte, seien auch sehr süß.
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