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Archiv-Artikel

Tote tragen keine Kosten

Sterben ist teuer: Eine Beerdigung kostet schnell mehrere Tausend Euro. Wer sich die nicht leisten kann, wird sozial bestattet. Darunter leiden nicht nur die Angehörigen, sondern auch die Bestatter

VON ESTHER GEISSLINGER

Der Tod ist nicht umsonst: Auf einige Tausend Euro summieren sich die Kosten für eine Beerdigung mit Orgel, Blumenschmuck und Grabstelle, selbst der Platz für die anonyme Urne kommt teuer. Doch seit 2004 das Sterbegeld der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen wurden, sind die finanziellen Mittel für die letzte Reise knapp: Schon etwa zehn bis 15 Prozent aller Toten werden als so genannte Sozialbestattungen unter die Erde gebracht – und das kann dauern: Wochen- oder gar monatelang liegen die Leichen auf Eis, während Sozialämter und Angehörige um die Bezahlung streiten. Für viele Bestatter eine heikle Situation.

„Man will ja nicht in den Ruf kommen, geldgierig zu sein“, sagt Horst-Peter Kühn, Chef eines Bestattungsunternehmens im schleswig-holsteinischen Neumünster. Aber umsonst arbeiten mag er auch nicht, und eben das passiert hin und wieder: Kann die Familie nicht zahlen, müssen sich alle Angehörigen beim Amt melden und Anträge stellen. Fehlt ein Bruder, bleibt eine Tochter verschollen, zahlt die Behörde nicht. Bis zur Klärung liegt der teure Verstorbene in der Leichenhalle, was auch nicht umsonst ist. Dabei schreibt das Gesetz eigentlich vor, dass 216 Stunden nach Exitus begraben werden muss.

Die Stadt Neumünster machte es sich leicht: Kühn könne Aufträge ja ablehnen, bekam er zu hören. Doch das sei schwierig in einer kleinen Stadt: „Da ist der Ruf ruiniert.“

Kühn wandte sich an die SPD-Landtagsabgeordnete und Sozialpolitikerin Jutta Schümann. Die stellte eine Anfrage an die Landesregierung, um Zahlen herauszufinden. Doch obwohl Beerdigungen eine kommunale Aufgabe sind, gab es kaum klare Aussagen. Immerhin eine Richtzahl: rund 2.240 Euro wenden die Gemeinden im Schnitt für die Sozialbestattung auf. Der so genannte Vermögensschonbetrag, der bleibt, wenn jemand seine Reserven ausschöpfen muss, um etwa ein Pflegeheim zu zahlen, liegt bei 2.600 Euro.

Dieses Geld reicht dann allerdings nur für die Billigbestattung. „Was ist, wenn eine Frau neben ihrem Mann beerdigt werden will, aber weil sie im Heim war, reicht es nur für ein Armenbegräbnis?“, fragt Schümann. Tote aus Bad Bramstedt seien sogar nach Niedersachsen überführt worden, wo die Friedhofskosten niedriger seien. Für viele Ältere sei eine würdige Bestattung wichtig, und dieser Wunsch sei zu respektieren, fordert Schümann. Doch auch die Bestatter dürften nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Vorstellbar sei, dass die Sozialämter in Zweifelsfällen in Vorleistung treten. Außerdem müsse es klare Standards geben: „Für den einen ist ein angemessener Schmuck eine Blume, für den anderen ein Gebinde.“ Zunächst will sie genauere Zahlen abwarten.

Die Grüne Landtagsfraktion sprengte bereits vor: Sie fordert jetzt eine generelle Anhebung des Schonbetrags.