: Tories contra Gewerkschaften
■ Die Regierung Thatcher holt zum neuen Schlag gegen die Gewerkschaften aus / „Charta für Streikbrecher“
Aus London Rolf Paasch
Die Regierung Thatcher hat am Dienstag einen weiteren Gesetzentwurf über „Gewerkschaften und ihre Mitglieder“ vorgelegt. Nach der Serie von Anti–Gewerkschaftsgesetzen aus den Jahren 1980, 82 und 84 zieht der neue Entwurf nun die konservativen Lehren aus den beiden letzten großen Arbeitskämpfen der Berg– und Druckarbeiter. Einen Gewerkschaftsführer auf Lebenszeit wie Arthur Scargill soll es nach den Plänen der Tories in Zukunft ebensowenig geben wie die schnelle Umschichtung gewerkschaftlicher Solidaritätsfonds während eines Streiks oder gewerkschaftliche Disziplinarverfahren gegen Streikbrecher. Arbeitsminister Kenneth Clarke will die Briefwahl von Funktionären durchsetzen, die endgültige Aufhebung des traditionellen „closed shop“ (der Gewerkschaftsmitgliedschaft als Einstellungsvoraussetzung, R.P.), sowie einen vom Staat ernannten „Gewerkschafts–Kommissionär“ als Sorgenonkel für unzufriedene Mitglieder. Der kommunistische Morning Star bezeichnete den Gesetzentwurf kurz und bündig als „Charta für Streikbrecher“. Gewerkschafter und Abgeordnete kritisieren vor allem den krassen Gegensatz zwischen der Disziplin der Gewerkschaften auf der einen Seite und der Politik eines Rückzugs staatlichen Einflusses in sämtlichen Bereichen der Volkswirtschaft. Fortsetzung Seite 6 Kommentar Seite 4 Damit begibt sich die Eiserne Lady erneut als Dompteuse der in den 70er Jahren noch so machtvollen und unruhigen Gewerkschaftsbewegung auf Stimmenfang. Die Gewerkschaften selber werden sich angesichts der Regierungspläne noch stärker als bisher überlegen müssen, welche neuen Kampfformen und Strategien sie innerhalb der immer stärker ver rechtlichten Sphäre industrieller Beziehungen entwickeln können. Auf die Frage, ob die Gewerkschaften nach der Realisierung des neuen Gesetzentwurfs Arbeitskämpfe noch mit traditionellen Mitteln gewinnen könnten, antwortet jedenfalls ein Vorstandsmitglied des gewerkschaftlichen Dachverbandes (TUC) am Dienstag abend: „Wahrscheinlich nicht“. Mit der Vorstellung des Gesetzentwurfes und dessen voraussichtlicher Aufnahme in das Wahlprogramm haben die Tories die Gewerkschaften wieder zum Wahlkampfthema gemacht.
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