Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt:
Not macht nicht nur erfinderisch, sonder auch zäh. Das zeigt die Widerstandsgeschichte der linken Kollektivkneipe Syndikat aufs Neue. Nachdem eine eher unbekannte Immobilienfirma das Haus kaufte, in dem seit über 34 Jahren gekickert, diskutiert, gesoffen und gelacht wurde, dauerte es nicht lange bis die Kneipe keine Mietvertragsverlängerung bekam. Doch anstatt die Räume bis zum 31. 12. 2018 zu verlassen, behielt das Kollektiv die Schlüssel. Denn die Menschen vom Syndikat deckten in eigenen Recherchearbeiten auf, dass sich hinter der unbekannten GmbH ein Briefkastenfirmen-Netzwerk in Luxemburg verbirgt und dahinter die Milliardärsfamilie Pears aus London. Diese spekuliert auch in Deutschland mit Tausenden Wohnungen. Aus Protest gegen die profithungrige Verdrängung von lange gewachsenen Nachbarschaften organisierte das Syndikat anhaltende Proteste und solidarisierte sich mit anderen bedrohten Wohn- und Freiräumen der Stadt. Am 29. Oktober soll die ausstehende Räumungsklage abschließend verhandelt werden. Um ihre Kiezkultur von unten zu verteidigen, organisiert das Syndikat seit mehr als einem Jahr Kundgebungen vor dem Firmensitz der Pears and Global GmbH am Kurfürstendamm. Am Donnerstag findet vor dem Gerichtstermin vorerst die letzte Kundgebung statt (24. 10., Kurfürstendamm 177, 17 Uhr).
Für den Erhalt weiterer bedrohter linker Räume ist für den 2. November eine interkiezionale Sterndemo auf verschiedenen Routen durch Berlin geplant. Am Freitagabend wird im Mehringhof besprochen, wie die Kämpfe für den Verbleib des Syndikats, der Potse, der Liebig34 u. a. am sinnvollsten verbunden werden kann (25. 10., Gneisenaustr. 2a, 19 Uhr).
Am Dienstag wird im Landgericht Berlin die Räumungsklage gegen die Kiezkneipe Syndikat verhandelt. „Kreativ, laut und wütend“ wollen die Betroffenen und Sympathisant:innen der Kneipe vor dem Gericht mit einer Kundgebung auf die praktische Solidarität aufmerksam machen, die das Syndikat seit der akuten Bedrohung erfährt. Im Anschluss wird um 12 Uhr im Gericht verhandelt (29. 10., Tegeler Weg / Osnabrücker Str., 11 Uhr).
Unter dem Motto „Der Räumungsprozess ist vorbei, unser Widerstand nicht“ wird unabhängig der Urteilsverkündung am Dienstagabend eine weitere Kundgebung im Schillerkiez organisiert. In ihrem Aufruf zeigt sich das Kollektiv weiterhin kämpferisch: „Verloren ist noch nichts, gewinnen können wir noch alles. Syndikat bleibt! Pears Global enteignen!“ (29. 10., Herrfurthstr./Weisestr., 17.30 Uhr)
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen