: Tonnenideologie
■ Zur Verteidigung der US-Wirtschaftspolitik durch das DIW
Selbst der tumbeste Kanzler würde die These nicht mehr vertreten wollen, allein Wachstum mache selig – welcher Art auch immer. Diese Karte ist ausgereizt. Man hat gelernt.
Dieser Tage – nach dem offenen Ausbruch der transatlantischen Wirtschaftsstreitigkeiten und dem Dollarcrash – zeigt sich freilich, wo das wirklich konservative Denken sitzt. Die Sozialdemokratie und nun auch das ihr nahestehende offiziöse Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) nehmen die US-Wirtschaftspolitik samt ihrer apokalyptischen Verschuldung gegenüber der Kritik seitens der westeuropäischen Regierungen in Schutz: Wo denn Welt-Konjunktur und Wachstum geblieben wären, wenn die opferbereiten USA mit ihrer Kreditaufnahme in den letzten Jahren nicht die Schornsteine zum Rauchen gebracht hätten, fragen sie.
Es ist dabei kein Zufall, daß jedweder politökonomische Gedanke daran, daß die US-Verschuldung fast ausschließlich in die Rüstung gegangen ist (jahrelang waren die entsprechenden Zahlen identisch), beharrlich verweigert wird. Der militärische Sektor ist noch das einzige nennenswerte unerschöpfliche Nachfragereservoir, aus dem die Hoffnung auf weitere „Tonnenideologie“ geschöpft werden kann. Schlimm genug, daß Sozialdemokratie samt der ihr anhängenden Wissenschaft die Wachstumskrise der 70er Jahre verschlafen hat und damit letztlich Schuld am heutigen Elend der Stahlkocher mitträgt. Noch fataler ist, daß man offenbar auch heute noch zu keinem Umdenken bereit ist. Kunkel
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