Togo im Griff der Gnassingbé-Dynastie: Wie der Vater, so der Sohn
Präsident Faure Gnassingbé führt das Erbe seines Vaters fort, der 38 Jahre das Land mit eiserner Hand regierte. Dennoch sieht alles nach einem Sieg bei der heute beginnenden Wahl aus.
NAIROBI/LOMÉ taz | Während Togos Präsident Faure Gnassingbé zum Ende des Wahlkampfs im Norden des Landes staatsmännisch die Einheit beschwor, marschierten am Dienstag in der Hauptstadt Lomé mehr als 15.000 Oppositionsanhänger durch die Straßen und fordern einen Wechsel. "43 Jahre an der Macht sind genug", ist der beliebteste Slogan, den die Demonstranten unmittelbar vor der Wahl skandieren. "Wir wollen endlich ein Ende der Gnassingbé-Dynastie", ruft François, einer der Demonstranten.
Erst hat Gnassingbé Eyadema, zum Schluss nur noch "der Alte" genannt, das westafrikanische Land 38 Jahre lang mit eiserner Hand geführt: er starb 2005 im Amt. Stunden nach seinem Tod ernannte das Militär seinen Sohn Faure zum Nachfolger. Nach heftigen Protesten musste der sich zwar einer Wahl stellen, doch deren Ergebnis stand nach Ansicht nicht nur der Opposition schon vorher fest. Während die Demonstranten diesmal unbehelligt marschieren dürfen, hatten Polizei und Militär vor fünf Jahren wild in die Menge geschossen. Mehr als 400 Menschen starben.
Solche Unruhen soll es nicht wieder geben, verspricht der Amtsinhaber seit Wochen bei seinen Wahlkampfveranstaltungen. "Die Wahl muss ruhig ablaufen, ohne Gewalt", ruft er seinen Anhängern in Kara, dem Zentrum Nord-Togos, zu. Die Stimmung ist locker, ausgelassen. Dass Gnassingbé gewinnt, bezweifelt hier niemand. Die letzten Stunden seines Wahlkampfes verbringt Faure Gnassingbé in seiner Hochburg, der Heimatregion der Kabyé, der mit etwa zwanzig Prozent zweitwichtigsten Bevölkerungsgruppe. Keine andere Ethnie hat von der Herrschaft des "Alten" so sehr profitiert wie diese, seine eigene. Vom Sohn erwarten viele das Gleiche.
Auch in Lomé, seit je Festung der Opposition, steht das Ergebnis der heutigen Wahl für die meisten fest. Doch hier ist die Stimmung nicht locker, sondern mit jeder Stunde, die die Wahl näherrückt, mehr angespannt. "Faure hat die Wahlregister gefälscht, im Norden stehen hunderttausende Geisterwähler auf den Listen", sagt ein Menschenrechtsaktivist, der seinen Namen lieber nicht preisgeben möchte. "Er wird gewinnen, dafür hat er gesorgt, genauso wie der Alte."
Doch die erwartbare Niederlage der Opposition in dem Sechseinhalb-Millionen-Einwohnerstaat, der außer Phosphat keine Bodenschätze besitzt und zu den 25 unterentwickeltsten Ländern der Welt zählt, ist zu einem guten Teil auch hausgemacht. Von der Aufbruchstimmung in der Zivilgesellschaft, die nach dem Tod des "Alten" für ein paar Monate Hoffnung aufkam, ist nicht viel geblieben.
Der Jurist Yowivo Agboybo, einer der prominentesten Bürgerrechtler, hat sich 2006/07 als Premier unter Faure in den Augen vieler verbraucht. Diesmal will er selbst Präsident werden, so wie fünf andere Oppositionsführer auch. Obwohl die Opposition sich immerhin darin einig ist, dass die Wahlkommission parteiisch agiert, konnte man sich nicht einmal auf einen Boykott einigen. Viele frustrierte Oppositionsanhänger werden wohl dennoch nicht zur Wahl gehen.
Konfrontiert mit einer derart schwachen Opposition, kann Faure Gnassingbé leicht über die Risse in der eigenen Partei hinwegtäuschen. Viele vor allem in der Armee sind immer noch der Meinung, dass Faures Bruder Kpatcha der bessere Präsident wäre. Doch Kpatcha sitzt im Gefängnis, seit ihm im April vergangenen Jahres angeblich ein Putschversuch misslang. Auch deshalb steht die Afrikanische Union geschlossen hinter dem Amtsinhaber: nach den Putschen in Niger und Guinea will man einen weiteren Konfliktherd in Westafrika um je- den Preis vermeiden.
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