Todestag von Hrant Dink: "Wir wollen Gerechtigkeit"
Am 19. Januar 2007 wurde der armenisch-türkische Journalist und Menschenrechtler Hrant Dink ermordet. Das hat in der Türkei eine Demokratie-Bewegung ausgelöst.
ISTANBUL taz | "Wir wollen Gerechtigkeit für Hrant Dink", steht auf den Schildern die die Demonstranten hochhalten. Ein Ende der Vertuschung fordern sie ein, jetzt, genau vier Jahre, nachdem Hrant Dink, der bekannteste armenisch-türkische Journalist und Menschenrechtler am 19. Januar 2007 ermordet wurde. Die Demonstration findet vor dem Haus der Wochenzeitung Agos statt, deren Chefredakteur Hrant Dink war, genau dort, wo der damals noch jugendliche Täter ihn per Kopfschuss niederstreckte.
Wie jedes Jahr seitdem wird am Todestag von Hrant Dink in Istanbul demonstriert. Die Demonstranten wollen aber nicht nur an den Mord erinnern, sondern fordern vor allem, dass in dem sich seit Jahren hinschleppenden Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder endlich auch die Hintermänner der Jugendlichen zur Verantwortung gezogen werden.
Denn das die Gruppe nationalistischer Jugendlicher aus der Schwarzmeer Stadt Trabzon, zu der auch der mutmaßliche Todesschütze gehörte, von sich aus auf die Idee gekommen sind, ein Attentat auf Hrant Dink vorzubereiten und durchzuführen, hält die Anwältin Fethiye Cetin, die die Familie Dink vor Gericht als Nebenklägerin vertritt, für ausgeschlossen.
Zahlreiche Hinweise zeigen eindeutig in Richtung bestimmter Kreise in Polizei, Geheimdienst und Gendarmerie. Es ist längst erwiesen, dass die relevanten Sicherheitsorgane im Vorfeld von dem Attentat wussten, wenn sie es nicht sogar selbst angeregt haben. Im September letzten Jahres ist die Türkei deshalb sogar vom Europäischen Menschengerichtshof verurteilt worden, doch im Prozess tauchen diese Hintermänner immer noch nicht auf. Sie werden gedeckt, obwohl selbst Staatspräsident Abdullah Gül eingeräumt hatte, dass die Sicherheitsorgane nicht ihre Pflicht getan haben.
Doch der Mord an Hrant Dink hat in der Türkei eine Entwicklung ausgelöst, die nicht mehr zu stoppen ist. Über die Armenier-Frage wird seitdem viel offener diskutiert und die "Freunde von Hrant Dink", ein großer Kreis unabhängiger Demokraten, lässt nicht locker. Sie kommen zu jedem Prozesstag und sie kommen am Jahrestag des Mordes und fordern Gerechtigkeit. Politisch haben die Attentäter genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie erreichen wollten.
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