Todesfall Jessica : Behörde will Schulzwang
Nach dem Hungertod eines siebenjährigen Mädchens will die Schulbehörde Maßnahmen ergreifen, um ähnliche Pannen wie vor dem Tod Jessicas künftig auszuschließen. Unter anderem soll im Schulgesetz mit einem neuen Paragraphen 41 a der „Schulzwang“ eingeführt werden, wie Behördensprecher Alexander Luckow gestern erklärte: Nach dem Vorbild Bayerns könnten sich dann Juristen der Bildungsbehörde zusammen mit einem Vollstreckungsbeamten Zugang zu der Wohnung einer Familie verschaffen, deren Kinder nicht in der Schule erscheinen oder zu dieser gar nicht erst angemeldet wurden. Dies sei allerdings nur als „Ultima Ratio“ gedacht.
Daneben wird in der Behörde über eine Zentraldatenbank nachgedacht, in der erfasst werden soll, welches Kind welche Schule besucht. Zudem sollen die so genannten „U 1“ bis „U 10“-Untersuchungen beim Kinderarzt Pflicht werden, dies ist allerdings eine Bundesangelegenheit.
Die SPD-Politikerin Britta Ernst plädierte indes dafür, sich „Zeit für eine Schwachstellenanalyse“ zu nehmen. „Es ist hier festzuhalten, dass die Behörden nicht richtig gehandelt haben“, sagt die Schulexpertin. „Es hätte einen Datenabgleich mit dem Melderegister und der Sozialbehörde geben müssen.“ Und auch auf der geltenden Gesetzesgrundlage hätte die Schulbehörde die Polizei einschalten können und müssen. Dafür reiche die in Deutschland geltende „Schulpflicht“ bereits aus.
Die schulpflichtige Jessica war von ihren Eltern wie eine Gefangene gehalten worden und in der Vorwoche gestorben. Ein Mitarbeiter der Schulbehörde hatte im Frühjahr an ihrer Wohnungstür geklingelt und niemanden angetroffen, daraufhin aber nicht das Jugendamt informiert. dpa/ kaj