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Tod dem Sozialismus - Sieg des Charakters

■ Maggie Thatcher erklärt den Sozialismus für unvereinbar mit dem britischen Charakter

Aus London Rolf Paasch

Einigen britischen Rathäusern entsteigt in letzter Zeit ein immer beißenderer Geruch. Hier hat sich, so lautet die Erklärung von Umweltminister Nicolas Ridley vom Montag, „der stinkende und alles zerfressende Krebs des Sozialismus“ festgesetzt. In anderen Labour–Hochburgen zwischen London und Liverpool seien militante Stadtväter gar dabei, um ihre Bastionen eine „Berliner Mauer“ zu errichten, so ergänzte Parteichef Norman Tebbit die innerstädtische Problemanalyse der Konservativen. Was sich da anhört wie das politisierte Skript zu einer „Hammer– Horror–Production“, ist nichts anderes, als die Eröffnung des Vorwahlkampfes durch Maggies Meute. Unter dem Motto „die Roten sitzen schon unter uns“, will die Eiserne Lady nämlich aus den Eskapaden einiger militanter Stadträte auf ihrem Weg zur dritten Amtsperiode ideologisches Kapital schlagen. Aber wo es anderen Führern genügt, die nächste Wahl zu gewinnen, da kommt die aus den letzten Meinungsumfragen wie Phönix aus der Arbeitslosigkeit entstiegene Regierungschefin gleich mit einer kompletten Vision daher: der Ausrottung des Sozialismus in Großbritannien in den nächsten beiden Legislaturperioden. Längst ist ihre deprimierende Einschätzung aus dem letzten Wahlkampf, die Labour Partei werde „nie sterben“, einer positiveren Sichtweise gewichen. „Die Art des Sozialismus, dem ich den Garaus machen will, ist mit dem britischen Charakter unvereinbar“ erklärte sie ihren verdutzten Landsleuten am Dienstag in einem Fernsehinterview. Und nach ihrem Wochenend–Trip zum großen Bruder nach Washington weiß die Stiefmutter der Nation jetzt auch, wie die politische Insel–Landschaft nach dem ideologischen Großreinemachen aussehen soll: „Zwei Parteien, für die diese Sache unakzeptabel ist“. Welche Sache? Ach ja, der Sozialismus natürlich.

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