: Tissen tief enttäuscht
KLINIKSKANDAL Der frühere Chef der Klinik-Holding „Gesundheit Nord“, Wolfgang Tissen, muss Bestechungsgeld zurückzahlen. Im Internet gibt er sich enttäuscht von Bremen
VON KLAUS WOLSCHNER
Es war ein kurzer Prozess – nach 30 Minuten wurde gestern der frühere Chef der „Gesundheit Nord“, Wolfgang Tissen, dazu verurteilt, 87.500 Euro Bestechungsgelder nebst Zinsen an die Klinik-Holding zu zahlen. „Was Herr Tissen dazu sagt, können wir unbeachtet lassen, weil er nicht da ist“, erklärte der Richter Arnd Ehlers. Auch der Anwalt Tissens war nicht gekommen. Vor einer Woche hatte der noch einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt – offenbar konnte Tissen den Anwalt nicht mehr bezahlen.
In der Sache, so das Gericht, sei die Darstellung der Klägerin – die Gesundheit Nord GmbH (Geno) – überzeugend: Tissen hatte im Herbst einen langwierigen Strafprozess damit vermieden, dass er ein umfassendes Geständnis ablegte. Als Gegenleistung für das Geld, so stellte das Gericht in seinem Urteil fest, deckte Tissen die kriminellen Geschäfte von Andreas Lindners, den er als Geschäftsführer des Klinikums Bremen-Ost nach Bremen geholt hatte. Damit, so Richter Ehlers, sei klar: Alles, was ihm als Geschäftsführer dienstlich zugeflossen sei, stehe der Geno zu – auch Bestechungsgelder.
Tissen hatte schriftlich verschiedene Einwände vortragen lassen: Die Hälfte der Summe sei auf das Konto seiner Frau geflossen – als Honorar für einen Beratervertrag mit der Siekertal-Klinik. Den Richter beeindruckte das nicht: Die sei „im besten Fall eine Strohfrau gewesen“. Schon im Untersuchungsausschuss hatte Frau Tissen auf die Frage, was ihre Beraterleistung gewesen sein solle, passen müssen.
Die andere Hälfte der Summe hatte Tissen immer als „Darlehen“ bezeichnet, das er von Lindner über die Siekertal-GmbH erhalten habe. Es gab aber nie einen Darlehens-Vertrag und auch keine Vereinbarung über Verzinsung und Tilgung.
In dem Schriftsatz für das Zivilverfahren ließ Tissen nun vortragen, der Insolvenzverwalter der Siekertal-Klinik könnte das „Darlehen“ möglicherweise zurückfordern, er müsse dann doppelt zahlen. Auch das, so Richter Ehlers, sei für die Ansprüche der „Geno“ unerheblich – nachdem Tissen im Strafverfahren eingeräumt hatte, dass es sich um Bestechungsgeld handelte, stehe das Geld dem Arbeitgeber zu, also der Gesundheit Nord GmbH.
Über den Antrag auf Prozesskostenhilfe muss das Gericht noch entscheiden. Schon im Strafverfahren hatte Tissen die Richter davon überzeugt, dass bei ihm nicht viel zu holen ist – er durfte die 10.000 Euro Geldstrafe in Raten zahlen.
Im bayerischen Rosenheim hat er vor einigen Monaten eine „THC Tissen Healthcare Consulting“ gegründet und meldet auf deren Homepage in eigener Sache: „Tissen startet durch“. Seine Biografie liest sich dort etwas geschönt: „Seit seinem Weggang aus Bremen war es ruhig geworden um den bekannten Krankenhausmanager Wolfgang Tissen. (...) Wenn Wolfgang Tissen über die Zeit in Bremen spricht, kann man seine tiefe Enttäuschung heraushören.“ Es habe „in der medialen Landschaft zum Teil bewusste Falschdarstellungen“ gegeben, „die damit einhergehende Vorverurteilung haben Spuren hinterlassen“.