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Tipp Kick-MeisterschaftSieg auf Knopfdruck

Tipp-Kick ist die elegantere Art des Tischfußballs. Über Sieger und Verlierer beim wichtigsten Turnier der Welt im bayerischen Puchheim.

Aus dem Kinderzimmer in die Hand des Mittdreißigers: das Tipp Kick-Männchen. Bild: dpa

MÜNCHEN taz Vor der Eingangstür zur Sporthalle des Gymnasiums in Puchheim bei München sitzen die Verzweifelten. Jene, die ihren Frust mit der Zigarette zwischen den Fingern und der Bierflasche in der Hand bekämpfen müssen. Die Verlierer eben, die bei der Deutschen Meisterschaft im Tipp-Kick vorzeitig ausgeschieden sind. Die Guten treiben ihr Spiel unterdessen noch munter in der Halle, wo Rauchverbot herrscht.

Das traditionsreiche, seit 1924 im schwäbischen Villingen-Schwenningen gefertigte Tischfußballspiel mit den kleinen Gusseisenmännchen hat nichts von einer Kneipensportart. Sein Zuhause ist ja auch eher das Kinderzimmer, in dem jeder Junge im Tipp-Kick-Mutterland irgendwann auf einem auf dem Boden ausgebreiteten Rollfeld Schussversuche unternommen haben dürfte. Per Knopfdruck auf den Kopf des Männchens, durch den sein Schussbein nach vorne schnellt. Ein erstaunlich großer Teil der 160 Teilnehmer der Deutschen Meisterschaft - dem angesichts des Mangels an internationaler Konkurrenz wichtigsten Tipp-Kick-Turnier der Welt - hinterlässt vielleicht wegen dieser Sozialisation einen vollkommen anderen Eindruck als der Könner an den Kurbeln eines Tischkickers: Der Durchschnitts-Tipp-Kicker wirkt körperlich gesund, oftmals trotz eines Durchschnittsalters weit jenseits der 30 eher gerade dem Kinderzimmer mit dem Spielfeld auf dem Boden entschlüpft als durch Kneipenbesuche fürs Leben gestählt. "Wir Tipp-Kicker haben mit dem Tischkickern so viel gemein wie Fußball mit Rugby", sagt Normann Koch, den sie in der rund 800 Turnierspieler großen Szene als den Besten aller Zeiten feiern. "Unser Spiel ist viel filigraner als das derbe Rumgeziehe an den Stangen."

Tatsächlich versprüht Tipp-Kick eine gewisse Eleganz. Wenn der zwölfeckige schwarz-weiße Plastikball etwas mehr von der eigenen Farbe zeigt, dann greift einer wie Koch blitzschnell zu seiner Figur und haut das Spielgerät mit erstaunlicher Präzision auf das bis zu ein Meter entfernte, zigarettenschachtelgroße Tor. "Du musst während der zehnminütigen Spielzeit bei jedem Schuss und jeder Parade mit dem Torhüter ein kleines motorisches Wunder vollbringen", beschreibt Koch. Dieses Wunder verliert nur unwesentlich an Magie, wenn Bernd Weber von den Geheimnissen der Materialkunde erzählt. "Ohne perfekt getunte Spielfiguren wäre Tipp-Kick auf unserem Niveau undenkbar", sagt er. Der Schwabe sägt und feilt aus Edelstahl Beine zurecht, baut sie passgenau in die Gelenke der Spielfiguren ein und verkauft die fertigen Torjäger, mit denen auf der Deutschen Meisterschaft vermutlich annähernd die Hälfte der insgesamt über 6.000 Tore geschossen werden.

Rekordmeister Koch trägt mal wieder seinen Teil zu dieser Torflut bei. Wie immer spricht er ein gewichtiges Wort bei der Vergabe des Titels mit. Zum sechsten Meistertitel reicht es jedoch nicht. Den heimst stattdessen Jens König aus Hannover ein. Anschließend raucht er erst einmal eine Zigarette und trinkt sein Siegerbier. Ein bisschen Kneipe darf dann ja doch sein.

DANIEL MEUREN

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