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Tierschutz-BürgerinitiativenDas Klima ist entscheidend

Immer mehr Initiativen wehren sich gegen die Industrialisierung der Landwirtschaft, ein Multi-Milliarden-Euro-Geschäft. Neue Serie der taz nord.

Kunsthandwerk: plastischer Protest gegen die Massentierhaltung. Bild: dpa

BREMEN taz | Zum rustikalen Gegenangriff gegen Kritiker bläst jetzt der Bauernverband, der in Niedersachsen Landvolk heißt. So wirft dessen Land & Forst-Magazin jetzt den zahlreichen norddeutschen Bürgerinitiativen gegen industrielle Mastanlagen vor, sie nähmen "das demokratische Recht der Mitsprache und des Protestes überzogen in Anspruch".

Wo genau und wie - mit solchen Feinheiten hält sich der Autor nicht auf: Tatsächlich ist ja auch die Zahl der Initiativen längst unüberschaubar geworden. Allein in Niedersachsen geht sie in die Hunderte. Bunt sind ihre Protestformen, vielfältig ist die Herkunft der Akteure. Die Gründungsanlässe sind fast immer Bauprojekte: riesige Ziegenställe, Schweine-, Rinder-, Puten-Fabriken und am häufigsten die standardisierten Anlagen für Fleischhähnchenaufzucht, à 40-, 80-, oder 120-tausend Stück Geflügel. Letztere gibts nur in Mecklenburg-Vorpommern.

Aber drauf gepfiffen! - Für den Landvolk-Autoren sind sie alle gleich. Und alle verantwortlich für den Brand einer im Bau befindlichen Mastanlage in Vechelde bei Salzgitter am 15. Juli. Denn, so seine Begründung, "entscheidend ist das Klima".

Das ist kein Ausreißer: Zwar hatte Verbandspräsident Werner Hilse im selben Heft davor gewarnt, "aus dem Fall politisches Kapital schlagen" zu wollen. Doch zugleich warf er dem Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Eckehard Niemann, vor, "sich mit den Brandstiftern auf eine Stufe" zu stellen. Niemann berät zahlreiche Initiativen. Und tatsächlich hatte er sich per Pressemitteilung zum Fall Vechelde geäußert: Es sei falsch, vorschnell von Brandstiftung zu reden. Oft komme es wegen "technischer Defekte" zu Bränden, nicht selten zum Schaden der Tiere. Gerade deshalb hatte Niemann angemahnt, die Landes-Bauordnungen umzusetzen, nach denen im Brandfall auch die Rettung von Tieren möglich sein muss.

Geltendes Recht umsetzen - ein Politikum? In der Tat, die Frage sorgt für Nervosität. Denn seit der Emsland-Kreis auch auf die Einhaltung dieses Gesetzes achtet, konnte er keine Anlage mehr genehmigen. Aufs Problem hingewiesen hatte die Verwaltung - eine Bürgerinitiative.

Das Klima ist entscheidend - der Satz bleibt richtig: Das Aufblühen der Initiativen zeigt, dass sich das Klima für die Agrarindustrialisierung verschlechtert. Misslich für den Bauernverband, der diese seit den 1970ern betreibt - zum Profit seiner Funktionäre. So verdient Verbandspräsident Hilse auch als Aufsichtsrat des Fleischkonzerns Vion, der Softwareschmiede Land-Data und der Tierversicherung Geld. Zugleich ist er Vize-Vorstandsvorsitzender des Stärkeherstellers Avebe, der gentechnisch veränderte Kartoffeln anbietet.

"Es handelt sich hier um kein Milliardenprojekt wie Stuttgart 21", hatte Hilse den Inis noch ins Stammbuch geschrieben. Doch das Gegenteil ist wahr: Es geht um deutlich mehr als viereinhalb Milliarden Euro. Der Protest stellt genau das Geschäftsmodell infrage, das Hilse bislang Gewinn machen lässt. Der Widerstand erweitert sich. Er zielt, mehr und mehr, aufs Ganze. Die taz nord versucht in den kommenden Wochen mit einer Serie seine Umrisse zu zeichnen.

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18 Kommentare

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  • IM
    Ina Müller

    Die Diskussion ist ermüdend: Was war zuerst da: das Huhn oder das Ei? Übertragen auf die großen Tierbestände darf man fragen: führt die Massenproduktion zu niedrigen Preisen oder werden Massen gehalten, weil die Preise so niedrig sind?

    Ein Hähnchenmäster erhält derzeit pro Masthähnchen 12 Cent!!!! Bei Eiern muss im 0,01 Cent-Bereich gerechnet werden. Ein wirtschaftliches Einkommen ist demnach wohl nur über die Masse möglich, wobei man tunlichst vermeiden sollte, Masse gleich Tierleid zu verbinden. Schließlich müssen mittlerweile auch auf Biobetrieben mehr als 15.000 Hühner oder 160 Sauen für einigermaßen vertretbares Einkommen gehalten werden. Ich halte es da mit der Ethologin Temple Grandin an: "Vom Tier aus denken, nicht vom Haltungssystem". Wenn es dem Tier gut geht, ist das Haltungssystem i.O. Egal ob 100 Hühner oder 100.000!?

    Herr Wendt, ich kenne keinen Milchviehhalter, der es sich erlauben kann, bei den derzeitigen Futterkosten mehr als 50 Prozent "Kraftfutter" oder Sojaschrot (übrigens ein Nebenprodukt der Ölgewinnung) einsetzen kann. Eine wirtschaftliche Kuhhaltung ist nur über eine optimale Grundfutterauslastung möglich: im konventionellen wie alternativen Haltungssystem. In jedem Wochenblatt sind die Rationen abgedruckt!!!!

    Mfg

     

    Ina

  • IM
    Ina Müller

    Die Diskussion ist ermüdend: Was war zuerst da: das Huhn oder das Ei? Übertragen auf die großen Tierbestände darf man fragen: führt die Massenproduktion zu niedrigen Preisen oder werden Massen gehalten, weil die Preise so niedrig sind?

    Ein Hähnchenmäster erhält derzeit pro Masthähnchen 12 Cent!!!! Bei Eiern muss im 0,01 Cent-Bereich gerechnet werden. Ein wirtschaftliches Einkommen ist demnach wohl nur über die Masse möglich, wobei man tunlichst vermeiden sollte, Masse gleich Tierleid zu verbinden. Schließlich müssen mittlerweile auch auf Biobetrieben mehr als 15.000 Hühner oder 160 Sauen für einigermaßen vertretbares Einkommen gehalten werden. Ich halte es da mit der Ethologin Temple Grandin an: "Vom Tier aus denken, nicht vom Haltungssystem". Wenn es dem Tier gut geht, ist das Haltungssystem i.O. Egal ob 100 Hühner oder 100.000!?

    Herr Wendt, ich kenne keinen Milchviehhalter, der es sich erlauben kann, bei den derzeitigen Futterkosten mehr als 50 Prozent "Kraftfutter" oder Sojaschrot (übrigens ein Nebenprodukt der Ölgewinnung) einsetzen kann. Eine wirtschaftliche Kuhhaltung ist nur über eine optimale Grundfutterauslastung möglich: im konventionellen wie alternativen Haltungssystem. In jedem Wochenblatt sind die Rationen abgedruckt!!!!

    Mfg

     

    Ina

  • D
    Diskurs

    Sehr geehrte Kommentator_innen,

     

    hier meine Auffassung zur Militanz, welche in linken Kreisen immer wieder zu Diskussionen führt:

     

    Ich denke, dass einerseits zwischen Gewalt an Sachgegenständen und einerseits gegen Gewalt an Personen unterschieden werden muss. Letztere lehne ich in jeglicher Form ab, wenn es um das aktive Begehen solcher geht - in Verteidigungsfällen der eigenen Person kann diese situativ bedingt nicht immer vermieden werden.

     

    Doch auch hier wird es schwer, denn nehmen wir folgenden Fall an: Sie sehen vor sich, wie eine Person willkürlich mit einer Schusswaffe in die Menge schießt und Personen ermorden bzw. schwer verletzt. Der Täter hat sie nicht bemerkt und sie können diesen, aber nur gewaltsam, daran hindern, weiteres Unheil anzurichten. Einschreiten - ja oder nein? Wie schaut es mit der unterlassenen Hilfeleistung aus, welche in gewissen Situationen quasi

    zum Einschreiten verpflichtet? In einer solchen Situation würden die mutigen wohl eingreifen und die ängstlichen sich in Sicherheit bringen. Es steht aber kaum in Frage, dass es

    ethisch falsch wäre, einzuschreiten.

     

    In diesem Fall handelte es sich um menschliche Tiere;

    was aber nun, wenn in einer Situation nicht-menschliche Tiere in Massen ermordet werden sollen? Z.B. ganz offensichtlich durch den Bau einer Mastanlage.

    Einschreiten oder eben nicht? Gewaltsam oder nicht?

    Es ist eindeutig, dass ein legales Einschritten nicht erfolgreich sein kann in einer Gesellschaft, in der nicht-menschliche Tiere keine Rechte auf Leben, Freiheit und Unversehrtheit haben. In einer Gesellschaft, in der diese nur als Ware/Produkt betrachtet werden, in einer Gesellschaft, in der diese zum Objekt erniedrigt und entindividualisiert werden. Von denen nur noch in Stückzahlen oder von Tonnen gesprochen wird. Was wir hier durchweg vergessen ist, dass es sich hierbei um leidensfähige, bewusst wahrnehmbare Individuen handelt, die Glück und Schmerzen wie wir empfinden - denn sie sind Tiere wie auch wir Tiere sind. Einen Unterschied in der ethisch relevanten Handlung zwischen uns und ihnen zu machen bedeutet ein ethisches Verbrechen zu begenen - mit Hilfe und Unterstützung von Staat und gesellschftlicher tödlicher Ideologie.

     

    Muss hier nicht die Angelegenheit der Notwehr und der unterlassenen Hilfeleistung nicht genauso Anwendung finden wie bei menschlichen Tieren? - Ich finde ja, da es keine ethisch relevanten Unterschiede gibt.

     

    Aber hier geht es ja nicht um Gewalt an Personen, sondern um Gewalt an Sachgegenständen - in diesem Fall um Sabotage, um anderen Personen, in diesem Fall nicht-menschliche, das Leben zu retten - ihnen Leid und Ermordung zu ersparen.

    Also um Gewalt an Sachgegenständen, um Personen zu retten, nicht um diese hinzurichten. Und da liegt ein bedeutsamer Unterschied:

     

    Ich bin der Meinung, dass es egal sein sollte, ob etwas legal oder illegal ist, wenn es um das Leben von Personen geht. Mord ist immer ethisches Unrecht, ob vom Staat begonnen/unterstützt oder von Individuen. Zudem ist es ebenso egal, ob der Mord demokratisch oder undemokratisch beschlossen wurde. Eine Person, menschlich oder nicht-menschlich, zu ermorden ist zudem die totalste Form der Intoleranz, denn jemanden für immer zum Schweigen zu bringen widerspricht der Meinungsfreiheit und verunmöglicht die Beteiligung an jeglichen demokratischen Prozessen.

     

    Schlussfolgerung: Wenn hier die Worte der Demokratie bezüglich der angewandten Methoden fallen, so implizieren sie den Ausschluss nicht-menschlicher Tiere von der ethisch relevanten Gruppe. Sie werden als Objekte angesehen. Und wenn ich hier Bedauern und Mitleid mit Leuten wahrnehme, deren Mastanlage niedergebrannt ist, so werden hier Täter als Opfer interpretiert und die wirklichen Opfer (nicht-menschliche Personen/Tiere) in das Universum der Bedeutungslosigkeit verstoßen. Allein das sagt viel über den gesellschaftlichen Zustand aus.

     

    Personen das Leben zu retten, sei es auch durch Sabotage, ist immer legitim und darauf sollte es ankommen. Es darf keine Legitimation für Mord geben. Für die Befreiung aller Tiere - für eine vegane Gesellschaft.

  • P
    Petra

    Ich kann mich meinem Vorredner (Eckard Wendt) nur anschließen: Das ganze Thema der Nahrungsmittelerzeugung (und der damit unweigerlich verbundenen Tierhaltung) ist zu komplex und spielt viel zu sehr in andere Lebensbereiche hinein, als dass man es mit ein paar platten Sätzen abtun könnte. Es fängt schon damit an, dass die Bereitschaft der Großkonzerne und Lobbypolitiker zur ehrlichen Diskussion über die Mißstände in der Tierhaltung quasi nicht vorhanden ist. Stattdessen sollen in den nächsten Jahren immer mehr Mastanlagen entstehen, immer vor dem Hintergrund, dass der Bedarf an Fleisch in Deutschland längst gedeckt ist. Dieser betriebswirtschaftliche Irrsinn wird dann auch noch im Wettbewerb zwischen Rothkötter und Wiesenhof ausgefochten. Wer produziert schneller, größere Mengen und wettbewerbsfähiger (d.h. billiger)? Dieser gegenseitige Verdrängungswettbewerb mag im Handel funktionieren (als die Metro-Kette vor Jahren fast sämtliche Plattenläden und kleine Elektronikhändler eliminiert hat), aber doch nicht in der Ernährungsbranche, deren "Produkt" lebendige Tiere sind.

    GottseiDank gibt es noch Medien wie die TAZ, den Spiegel und Sender wie ARD, ZDF Frontal, NDR, SWF, die in regelmäßigen Abständen über die Missstände berichten. Die jahrelang gepredigte Parole vom Verbraucher, der angeblich das billige Fleisch will, zieht nicht mehr. Man muss sich also etwas anderes ausdenken: Wie wäre es dann zur Abwechslung mal mit etwas Rückbesinnung auf alte Werte: weniger Fleisch, dafür aber von artgerecht gehaltenen Tieren. Slow Food halt. Aber genau das ist es ja, was die Großkonzerne so beunruhigt: Wenn der Fleischabsatz weiter sinkt, muss ein Umdenken in der Fleischerzeugung erfolgen. D.h. weniger Tiere auf engem Raum, die mehr Platz in Anspruch nehmen, kein gentechnisch verändertes Futter. Nicht mehr Masse statt Klasse. Da kann man schon mal nervös werden.

    Und noch ein Wort zu den abgebrannten Ställen: Solange der Übeltäter (Technik oder Mensch) nicht zweifelsfrei ausgemacht werden kann, ist hier von allen Seiten Zurückhaltung geboten. Die Hetzkampagnen gegen Herrn Niemann sind noch unterhalb der untersten Schublade. Diese persönlichen Angriffe - vom Landvolk befeuert und ausgeführt - sind einfach nur abstoßend!!

    Ich hoffe, dass die TAZ an diesem Thema dranbleibt und trotz aller Anfeindungen weiterhin detailliert darüber berichtet.

  • EP
    Elisabeth Petras

    Tierschützer, Bürgerinitiativen und politische Bauern (die mitnichten alle "links" sind, sondern das Bauernsterben beenden und menschen- und tierwürdige Bedingungen für die Landwirtschaft schaffen wollen und sich deswegen gegen die Industrialisierung der Landwirtschaft wehren) auf eine Stufe mit Rechtsextremisten zu stellen, ist sachlich falsch.

     

    Alle genannten Gruppen kämpfen für verfassungsmäßig geschützte Güter oder Staatsziele, vgl. Art. 20a unseres Grundgesetzes.

     

    Es istt niemand von Geburt an Lohnmäster bei Wiesenhof, sondern jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich zu entscheiden. Die Tiere aber haben keine Wahl. Sich für diese und weitere Rechtsgüter wie den Schutz vor Ausbreitung von Seuchen durch die massenhafte ungesicherte Außenlagerung von bakterien- und medikamentenverseuchtem Geflügelkot zu wehren stellt keien Diskriminierung von Personen, sondern von einer bestimmten Handlungsweise dar.

     

    Es ist zudem üble Nachrede, uns seriös agierende Tierrechtler, Tierschützer, Bauern und Bürger als Brandstifter zu brandmarken.

     

    Die Unschuldsvermutung sollte hier ebenso gelten, wie das Verbot der Sippenhaft.

     

    Fortgesetztes Unrecht bereitet den Boden für Wut der Bürger - nicht die konstruktive verbale Auseinandersetzung und aktive Lösungssuche, die wir Bauern, Bürger und Tierrechtler anbieten!

  • O
    oskar

    Schade! Jede Zeit hat Feindbilder die geschaffen werden. Diesmal ist es die Ernährungsbrange.

    Wie sollen 80 Mio. Einwohner ernährt werden, die ausschließlich Konsumorientiert sind?

    Und morgen öffnet wieder ein Fastfood Restaurant.

  • EW
    Eckard Wendt, AGfaN e.V.

    Besonnenheit ist angesagt. Voreilige Schuldzuweisungen sind völlig fehl am Platze. Seriöse Gegner der industrialisierten Nutztierhaltungen (umgangssprachlich: "Massentierhaltung") lehnen die rein betriebswirtschaftliche Sichtweise, die in den Köpfen der verantwortlichen in Politik und Agrarindustrie, aber auch bei denjenigen Landwirten das Denken bestimmt, die wie Ertrinkende nach dem Strohhalm "Vertragsmast" greifen. Es ist schon jetzt absehbar, und darauf weist Eckehard Niemann vom "Bündnis Bauernhöfe statt Agrarfabriken" zu recht hin, daß wir hier zunehmend Überschüsse produzieren, die subventioniert exportiert werden müssen. Aber dieser Ausweg steht nicht dauerhaft offen, weil die Schwellenländer (China, Indien, Brasilien) in die noch lukrative Tiermast einsteigen.

    Das Problem ist sehr vielschichtig, weshalb wir seitens der AGfaN e.V. schon beim Kirchentag 1983 in Hannover von einem Puzzle sprachen, bei dem die einzelnen Aspekte miteinander verzahnt sind: Tierleid steht für uns als Tierschützer im Mittelpunkt, für andere die Umweltbelastungen durch große Mengen von Exkrementen, durch Ressourcenverbrauch (Wasser, Energie ...), für wieder andere die Verschwendung hochwertiger Grundnahrungsmittel, weil die Tiere zu direkten Nahrungskonkurrenten des Menschen gemacht wurden (besonders Kühe, die eigentlich auf der Basis Gras und Kräutern ihre Milch produzieren könnten, statt zu 50 und mehr Prozent durch Soja und Getreide!), Gesundheitsgefährdung durch Mißbrauch von Antibiotika und anderen Medikamenten mit der Folge von Resistenzbildungen, Erkrankungen durch Stallkeime und Mykotoxine, Seuchenverbreitung durch Endprodukte, aber auch durch Kükenexporte aus Deutschland in alle Welt ...

  • W
    w.koerbl

    Ist schon spannend, was sie daraus machen. Recht deutlich wirft der Landvolkpräsident denen vor, den demokratischen Weg zu verlassen, die -direkt oder indirekt- für Verständnis für Brandstiftungen von radikalen Tierschütern werben.

     

    Man kann zur Tierhaltung stehen wie man will: Brandstiftung is mehr als ein Eigentumsdelikt. Es ist übelste Gewalt, die auch Schäden an Menschen billigend in Kauf nimmt. Wer sich davon nicht klar distanziert, der verlässt nicht nur den demokratischen, sondern auch den menschlichen Konsens!

  • E
    entscheidungszwang

    Liebe taz,

     

    es scheint mir, es muss eine Entscheidung in der Redaktion erzwungen werden. Einerseits sind die "rechtsextremen Hassblogger" weltweit verantwortlich für den Verrückten Norweger, der 80 Leute umbrachte, andererseits sind die militanten Antifleischindustrie-Organisationen vollkommen isoliert zu betrachten.

     

    Ich erwarte den Kampf der Giganten irgendwo möglichst öffentlich dokumentiert und hoffe, dass man sich im weiteren an die Entscheidung aus dieser Sache hält. Auch, wenn das nächste mal Bundeswehrautos brennen, sich eine linksautonome Gruppe dazu bekennt und die antimilitaristische Linkspartei sich nicht davon distanziert.

  • IM
    Ina Müller

    Die Diskussion ist ermüdend: Was war zuerst da: das Huhn oder das Ei? Übertragen auf die großen Tierbestände darf man fragen: führt die Massenproduktion zu niedrigen Preisen oder werden Massen gehalten, weil die Preise so niedrig sind?

    Ein Hähnchenmäster erhält derzeit pro Masthähnchen 12 Cent!!!! Bei Eiern muss im 0,01 Cent-Bereich gerechnet werden. Ein wirtschaftliches Einkommen ist demnach wohl nur über die Masse möglich, wobei man tunlichst vermeiden sollte, Masse gleich Tierleid zu verbinden. Schließlich müssen mittlerweile auch auf Biobetrieben mehr als 15.000 Hühner oder 160 Sauen für einigermaßen vertretbares Einkommen gehalten werden. Ich halte es da mit der Ethologin Temple Grandin an: "Vom Tier aus denken, nicht vom Haltungssystem". Wenn es dem Tier gut geht, ist das Haltungssystem i.O. Egal ob 100 Hühner oder 100.000!?

    Herr Wendt, ich kenne keinen Milchviehhalter, der es sich erlauben kann, bei den derzeitigen Futterkosten mehr als 50 Prozent "Kraftfutter" oder Sojaschrot (übrigens ein Nebenprodukt der Ölgewinnung) einsetzen kann. Eine wirtschaftliche Kuhhaltung ist nur über eine optimale Grundfutterauslastung möglich: im konventionellen wie alternativen Haltungssystem. In jedem Wochenblatt sind die Rationen abgedruckt!!!!

    Mfg

     

    Ina

  • IM
    Ina Müller

    Die Diskussion ist ermüdend: Was war zuerst da: das Huhn oder das Ei? Übertragen auf die großen Tierbestände darf man fragen: führt die Massenproduktion zu niedrigen Preisen oder werden Massen gehalten, weil die Preise so niedrig sind?

    Ein Hähnchenmäster erhält derzeit pro Masthähnchen 12 Cent!!!! Bei Eiern muss im 0,01 Cent-Bereich gerechnet werden. Ein wirtschaftliches Einkommen ist demnach wohl nur über die Masse möglich, wobei man tunlichst vermeiden sollte, Masse gleich Tierleid zu verbinden. Schließlich müssen mittlerweile auch auf Biobetrieben mehr als 15.000 Hühner oder 160 Sauen für einigermaßen vertretbares Einkommen gehalten werden. Ich halte es da mit der Ethologin Temple Grandin an: "Vom Tier aus denken, nicht vom Haltungssystem". Wenn es dem Tier gut geht, ist das Haltungssystem i.O. Egal ob 100 Hühner oder 100.000!?

    Herr Wendt, ich kenne keinen Milchviehhalter, der es sich erlauben kann, bei den derzeitigen Futterkosten mehr als 50 Prozent "Kraftfutter" oder Sojaschrot (übrigens ein Nebenprodukt der Ölgewinnung) einsetzen kann. Eine wirtschaftliche Kuhhaltung ist nur über eine optimale Grundfutterauslastung möglich: im konventionellen wie alternativen Haltungssystem. In jedem Wochenblatt sind die Rationen abgedruckt!!!!

    Mfg

     

    Ina

  • D
    Diskurs

    Sehr geehrte Kommentator_innen,

     

    hier meine Auffassung zur Militanz, welche in linken Kreisen immer wieder zu Diskussionen führt:

     

    Ich denke, dass einerseits zwischen Gewalt an Sachgegenständen und einerseits gegen Gewalt an Personen unterschieden werden muss. Letztere lehne ich in jeglicher Form ab, wenn es um das aktive Begehen solcher geht - in Verteidigungsfällen der eigenen Person kann diese situativ bedingt nicht immer vermieden werden.

     

    Doch auch hier wird es schwer, denn nehmen wir folgenden Fall an: Sie sehen vor sich, wie eine Person willkürlich mit einer Schusswaffe in die Menge schießt und Personen ermorden bzw. schwer verletzt. Der Täter hat sie nicht bemerkt und sie können diesen, aber nur gewaltsam, daran hindern, weiteres Unheil anzurichten. Einschreiten - ja oder nein? Wie schaut es mit der unterlassenen Hilfeleistung aus, welche in gewissen Situationen quasi

    zum Einschreiten verpflichtet? In einer solchen Situation würden die mutigen wohl eingreifen und die ängstlichen sich in Sicherheit bringen. Es steht aber kaum in Frage, dass es

    ethisch falsch wäre, einzuschreiten.

     

    In diesem Fall handelte es sich um menschliche Tiere;

    was aber nun, wenn in einer Situation nicht-menschliche Tiere in Massen ermordet werden sollen? Z.B. ganz offensichtlich durch den Bau einer Mastanlage.

    Einschreiten oder eben nicht? Gewaltsam oder nicht?

    Es ist eindeutig, dass ein legales Einschritten nicht erfolgreich sein kann in einer Gesellschaft, in der nicht-menschliche Tiere keine Rechte auf Leben, Freiheit und Unversehrtheit haben. In einer Gesellschaft, in der diese nur als Ware/Produkt betrachtet werden, in einer Gesellschaft, in der diese zum Objekt erniedrigt und entindividualisiert werden. Von denen nur noch in Stückzahlen oder von Tonnen gesprochen wird. Was wir hier durchweg vergessen ist, dass es sich hierbei um leidensfähige, bewusst wahrnehmbare Individuen handelt, die Glück und Schmerzen wie wir empfinden - denn sie sind Tiere wie auch wir Tiere sind. Einen Unterschied in der ethisch relevanten Handlung zwischen uns und ihnen zu machen bedeutet ein ethisches Verbrechen zu begenen - mit Hilfe und Unterstützung von Staat und gesellschftlicher tödlicher Ideologie.

     

    Muss hier nicht die Angelegenheit der Notwehr und der unterlassenen Hilfeleistung nicht genauso Anwendung finden wie bei menschlichen Tieren? - Ich finde ja, da es keine ethisch relevanten Unterschiede gibt.

     

    Aber hier geht es ja nicht um Gewalt an Personen, sondern um Gewalt an Sachgegenständen - in diesem Fall um Sabotage, um anderen Personen, in diesem Fall nicht-menschliche, das Leben zu retten - ihnen Leid und Ermordung zu ersparen.

    Also um Gewalt an Sachgegenständen, um Personen zu retten, nicht um diese hinzurichten. Und da liegt ein bedeutsamer Unterschied:

     

    Ich bin der Meinung, dass es egal sein sollte, ob etwas legal oder illegal ist, wenn es um das Leben von Personen geht. Mord ist immer ethisches Unrecht, ob vom Staat begonnen/unterstützt oder von Individuen. Zudem ist es ebenso egal, ob der Mord demokratisch oder undemokratisch beschlossen wurde. Eine Person, menschlich oder nicht-menschlich, zu ermorden ist zudem die totalste Form der Intoleranz, denn jemanden für immer zum Schweigen zu bringen widerspricht der Meinungsfreiheit und verunmöglicht die Beteiligung an jeglichen demokratischen Prozessen.

     

    Schlussfolgerung: Wenn hier die Worte der Demokratie bezüglich der angewandten Methoden fallen, so implizieren sie den Ausschluss nicht-menschlicher Tiere von der ethisch relevanten Gruppe. Sie werden als Objekte angesehen. Und wenn ich hier Bedauern und Mitleid mit Leuten wahrnehme, deren Mastanlage niedergebrannt ist, so werden hier Täter als Opfer interpretiert und die wirklichen Opfer (nicht-menschliche Personen/Tiere) in das Universum der Bedeutungslosigkeit verstoßen. Allein das sagt viel über den gesellschaftlichen Zustand aus.

     

    Personen das Leben zu retten, sei es auch durch Sabotage, ist immer legitim und darauf sollte es ankommen. Es darf keine Legitimation für Mord geben. Für die Befreiung aller Tiere - für eine vegane Gesellschaft.

  • P
    Petra

    Ich kann mich meinem Vorredner (Eckard Wendt) nur anschließen: Das ganze Thema der Nahrungsmittelerzeugung (und der damit unweigerlich verbundenen Tierhaltung) ist zu komplex und spielt viel zu sehr in andere Lebensbereiche hinein, als dass man es mit ein paar platten Sätzen abtun könnte. Es fängt schon damit an, dass die Bereitschaft der Großkonzerne und Lobbypolitiker zur ehrlichen Diskussion über die Mißstände in der Tierhaltung quasi nicht vorhanden ist. Stattdessen sollen in den nächsten Jahren immer mehr Mastanlagen entstehen, immer vor dem Hintergrund, dass der Bedarf an Fleisch in Deutschland längst gedeckt ist. Dieser betriebswirtschaftliche Irrsinn wird dann auch noch im Wettbewerb zwischen Rothkötter und Wiesenhof ausgefochten. Wer produziert schneller, größere Mengen und wettbewerbsfähiger (d.h. billiger)? Dieser gegenseitige Verdrängungswettbewerb mag im Handel funktionieren (als die Metro-Kette vor Jahren fast sämtliche Plattenläden und kleine Elektronikhändler eliminiert hat), aber doch nicht in der Ernährungsbranche, deren "Produkt" lebendige Tiere sind.

    GottseiDank gibt es noch Medien wie die TAZ, den Spiegel und Sender wie ARD, ZDF Frontal, NDR, SWF, die in regelmäßigen Abständen über die Missstände berichten. Die jahrelang gepredigte Parole vom Verbraucher, der angeblich das billige Fleisch will, zieht nicht mehr. Man muss sich also etwas anderes ausdenken: Wie wäre es dann zur Abwechslung mal mit etwas Rückbesinnung auf alte Werte: weniger Fleisch, dafür aber von artgerecht gehaltenen Tieren. Slow Food halt. Aber genau das ist es ja, was die Großkonzerne so beunruhigt: Wenn der Fleischabsatz weiter sinkt, muss ein Umdenken in der Fleischerzeugung erfolgen. D.h. weniger Tiere auf engem Raum, die mehr Platz in Anspruch nehmen, kein gentechnisch verändertes Futter. Nicht mehr Masse statt Klasse. Da kann man schon mal nervös werden.

    Und noch ein Wort zu den abgebrannten Ställen: Solange der Übeltäter (Technik oder Mensch) nicht zweifelsfrei ausgemacht werden kann, ist hier von allen Seiten Zurückhaltung geboten. Die Hetzkampagnen gegen Herrn Niemann sind noch unterhalb der untersten Schublade. Diese persönlichen Angriffe - vom Landvolk befeuert und ausgeführt - sind einfach nur abstoßend!!

    Ich hoffe, dass die TAZ an diesem Thema dranbleibt und trotz aller Anfeindungen weiterhin detailliert darüber berichtet.

  • EP
    Elisabeth Petras

    Tierschützer, Bürgerinitiativen und politische Bauern (die mitnichten alle "links" sind, sondern das Bauernsterben beenden und menschen- und tierwürdige Bedingungen für die Landwirtschaft schaffen wollen und sich deswegen gegen die Industrialisierung der Landwirtschaft wehren) auf eine Stufe mit Rechtsextremisten zu stellen, ist sachlich falsch.

     

    Alle genannten Gruppen kämpfen für verfassungsmäßig geschützte Güter oder Staatsziele, vgl. Art. 20a unseres Grundgesetzes.

     

    Es istt niemand von Geburt an Lohnmäster bei Wiesenhof, sondern jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich zu entscheiden. Die Tiere aber haben keine Wahl. Sich für diese und weitere Rechtsgüter wie den Schutz vor Ausbreitung von Seuchen durch die massenhafte ungesicherte Außenlagerung von bakterien- und medikamentenverseuchtem Geflügelkot zu wehren stellt keien Diskriminierung von Personen, sondern von einer bestimmten Handlungsweise dar.

     

    Es ist zudem üble Nachrede, uns seriös agierende Tierrechtler, Tierschützer, Bauern und Bürger als Brandstifter zu brandmarken.

     

    Die Unschuldsvermutung sollte hier ebenso gelten, wie das Verbot der Sippenhaft.

     

    Fortgesetztes Unrecht bereitet den Boden für Wut der Bürger - nicht die konstruktive verbale Auseinandersetzung und aktive Lösungssuche, die wir Bauern, Bürger und Tierrechtler anbieten!

  • O
    oskar

    Schade! Jede Zeit hat Feindbilder die geschaffen werden. Diesmal ist es die Ernährungsbrange.

    Wie sollen 80 Mio. Einwohner ernährt werden, die ausschließlich Konsumorientiert sind?

    Und morgen öffnet wieder ein Fastfood Restaurant.

  • EW
    Eckard Wendt, AGfaN e.V.

    Besonnenheit ist angesagt. Voreilige Schuldzuweisungen sind völlig fehl am Platze. Seriöse Gegner der industrialisierten Nutztierhaltungen (umgangssprachlich: "Massentierhaltung") lehnen die rein betriebswirtschaftliche Sichtweise, die in den Köpfen der verantwortlichen in Politik und Agrarindustrie, aber auch bei denjenigen Landwirten das Denken bestimmt, die wie Ertrinkende nach dem Strohhalm "Vertragsmast" greifen. Es ist schon jetzt absehbar, und darauf weist Eckehard Niemann vom "Bündnis Bauernhöfe statt Agrarfabriken" zu recht hin, daß wir hier zunehmend Überschüsse produzieren, die subventioniert exportiert werden müssen. Aber dieser Ausweg steht nicht dauerhaft offen, weil die Schwellenländer (China, Indien, Brasilien) in die noch lukrative Tiermast einsteigen.

    Das Problem ist sehr vielschichtig, weshalb wir seitens der AGfaN e.V. schon beim Kirchentag 1983 in Hannover von einem Puzzle sprachen, bei dem die einzelnen Aspekte miteinander verzahnt sind: Tierleid steht für uns als Tierschützer im Mittelpunkt, für andere die Umweltbelastungen durch große Mengen von Exkrementen, durch Ressourcenverbrauch (Wasser, Energie ...), für wieder andere die Verschwendung hochwertiger Grundnahrungsmittel, weil die Tiere zu direkten Nahrungskonkurrenten des Menschen gemacht wurden (besonders Kühe, die eigentlich auf der Basis Gras und Kräutern ihre Milch produzieren könnten, statt zu 50 und mehr Prozent durch Soja und Getreide!), Gesundheitsgefährdung durch Mißbrauch von Antibiotika und anderen Medikamenten mit der Folge von Resistenzbildungen, Erkrankungen durch Stallkeime und Mykotoxine, Seuchenverbreitung durch Endprodukte, aber auch durch Kükenexporte aus Deutschland in alle Welt ...

  • W
    w.koerbl

    Ist schon spannend, was sie daraus machen. Recht deutlich wirft der Landvolkpräsident denen vor, den demokratischen Weg zu verlassen, die -direkt oder indirekt- für Verständnis für Brandstiftungen von radikalen Tierschütern werben.

     

    Man kann zur Tierhaltung stehen wie man will: Brandstiftung is mehr als ein Eigentumsdelikt. Es ist übelste Gewalt, die auch Schäden an Menschen billigend in Kauf nimmt. Wer sich davon nicht klar distanziert, der verlässt nicht nur den demokratischen, sondern auch den menschlichen Konsens!

  • E
    entscheidungszwang

    Liebe taz,

     

    es scheint mir, es muss eine Entscheidung in der Redaktion erzwungen werden. Einerseits sind die "rechtsextremen Hassblogger" weltweit verantwortlich für den Verrückten Norweger, der 80 Leute umbrachte, andererseits sind die militanten Antifleischindustrie-Organisationen vollkommen isoliert zu betrachten.

     

    Ich erwarte den Kampf der Giganten irgendwo möglichst öffentlich dokumentiert und hoffe, dass man sich im weiteren an die Entscheidung aus dieser Sache hält. Auch, wenn das nächste mal Bundeswehrautos brennen, sich eine linksautonome Gruppe dazu bekennt und die antimilitaristische Linkspartei sich nicht davon distanziert.