: Tief im Westen
Essen muss Kulturhauptstadt Europas werden: Denn im Ruhrgebiet lässt sich beobachten, wie die Kultur einen Strukturwandel erfolgreich begleiten kann
Das Ruhrgebiet ist schön. Grüne Wälder zwischen betriebsamer Urbanität. Hier und da noch ein sauberes Stahlwerk oder eine schmucke Zeche. Die Hoch-Zeit dieser Industriezweige ist Vergangenheit, Willy Brandts Statement, dass der Himmel hier endlich blau werden müsse, längst Realität. Der nötige Strukturwandel soll hier kulturell geschafft werden. Impulsgeber war die Internationale Bauausstellung IBA. Sie machte aus Industrieruinen Kulturbetriebe, um deren Bespielung sich heute international renommierte Kulturschaffende reißen. Damit will man jetzt auch Kulturhauptstadt Europas werden. Nicht eine Stadt, sondern eine ganze Region. Mit keiner anderen Bewerbung ist das Konzept vergleichbar.
„Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“ ist das Motto von Essen und dem Ruhrgebiet. Nirgendwo sonst wurde der europäische Kultur-Gedanke mit dem wirtschaftlichen Wohl und Wehe einer ganzen Region verknüpft. Und deshalb arbeiten auch sonst verfeindete Stadtfürsten zusammen. Schon das ist ein Erfolg des Bewerbungsprozesses. Die Klammer Kultur wird diese Region zusammenschweißen, sie wird im europäischen Kontext besser wahrgenommen werden.
Und diese Region, die früher vom Kohlenstaub bedeckt und von giftigen Gasen der Montanindustrie überweht wurde, kann mit unglaublichen Pfunden wuchern. Tausende von Industriedenkmälern, underte Museen, Theater, Festivals und Kulturzentren machen die Region zu einer Kulturmetropole par excellence.
Auch die Jury begründete ihre Wahl mit diesen Faktoren: „Das Ruhrgebiet kann als Europäische Kulturhauptstadt zum Kristallisationspunkt der europäischen Diskussion über die Rolle der Kultur im Strukturwandel werden.“ PETER ORTMANN