Tibet-Proteste und Olympische Spiele: Neue Proteste, alte Antworten
Die tibetischen Mönche sind dabei, Pekings Olympia-Party zu verderben, noch ehe sie überhaupt angefangen hat.
PEKING taz Anfang März, kurz vor Beginn der Unruhen in Tibet, konnte man beobachten, dass die chinesischen Führung auch im Olympia-Jahr nichts Neues eingefallen war, um auf etwaige Proteste zu reagieren. Als die isländische Sängerin Björk bei einem Konzert in Schanghai "Tibet! Tibet" ins Mikrofon rief, folgten die altbekannten Rituale der offiziellen Entrüstung. Björk habe "das chinesische Gesetz gebrochen und das Gefühl des chinesischen Volkes verletzt", ließ das Kulturministerium verlauten.
Ähnlich lautete der Tonfall zu Beginn der Proteste in Lhasa: "Die Anti-China-Kräfte haben sich gegen das chinesische Volk aufgestellt, und der Rest der Welt wird ihnen widerstehen", sagte Außenminister Yang Jiechi. "Aber diejenigen, die das Ansehen Chinas beschädigen, werden nur ihrem eigenen Ansehen schaden." Mit den Ausschreitungen vom Freitag, die von gewalttätigen Übergriffen auf Geschäfte begleitet waren, könnte er tatsächlich Recht behalten: Dem Ansehen der tibetischen Unabhängigkeitsbewegung, die in den Olympischen Spielen eine Gelegenheit sieht, ihren Anliegen Gehör zu verschaffen, dürfte dies nicht gerade nutzen - der chinesischen Führung, die ihre anfängliche Zurückhaltung aufzugeben scheint, allerdings auch nicht. Und so oder so sind die Mönche auf dem besten Weg, der Staatsführung die große Olympia-Party zu verderben.
Während chinesische Medien noch im Sommer über die Proteste der Mönche in Burma recht ausführlich berichtet hatten, ist ihnen zu den Ereignissen in Tibet kaum mehr zu entnehmen als verklausulierte Erklärungen der Regierung. Dafür ist innerhalb des zugelassenen Diskurses andere Kritik zu hören: So hält etwa Yan Xuetong, Direktor des Instituts für Internationale Studien an der Pekinger Tsinghua Universität, der Regierung vor, die Proteste in Tibet geradezu provoziert zu haben. Aber aus seiner Sicht nicht wegen der andauernden religiösen Unterdrückung in Tibet, sondern weil sich China nicht entschieden genug gegen die Unabhängigkeit des Kosovo und die Unabhängigkeitsbestrebungen aus Taiwan gewandt habe. Daraus schöpften "Separatisten anderer Minderheiten Zuversicht für ihre eigenen Unabhängigkeitsaktivitäten". GEORG BLUME
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