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Thomas Nagels „Geist und Kosmos“Hat das Universum einen Plan?

Der Philosoph Thomas Nagel legt ein Plädoyer gegen ein reduktionistisches wissenschaftliches Weltbild vor. Seine Kollegen nehmen ihm das übel.

Verfolgt die Evolution womöglich doch ein Ziel? Bild: reuters

Dieses Buch hat längst Philosophiegeschichte geschrieben. „Geist und Kosmos“ des US-amerikanischen Philosophen Thomas Nagel hat das Zeug zu einem Klassiker der Kontroverse. Stoff für Debatten bietet Nagels Beitrag zur Frage „Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist“, wie es im Untertitel heißt, jedenfalls auch hierzulande.

Schon als amerikanische Original „Mind & Cosmos“ erschien, brach unter Nagels Kollegen ein Sturm der Empörung los. Einer der berühmtesten analytischen Philosophen der Gegenwart hatte die versammelte angelsächsische Philosophie gegen sich aufgebracht. Der Evolutionspsychologe Steven Pinker sah sich gar genötigt, das Buch in einem Tweet als „schlampige Argumentation eines einst großen Denkers“ abzukanzeln.

Thomas Nagel gibt Wissenschaftlern wie Pinker einigen Anlass zum Verdruss. Sein Buch verfolgt das Ziel, die Grenzen der Leistungsfähigkeit des vorherrschenden reduktionistischen wissenschaftlichen Weltbilds aufzuzeigen. Sein Argument will dabei den Anspruch der „neodarwinistischen“ Evolutionstheorie ernst nehmen, sämtliche Erscheinungen des Lebens als aus derselben materiellen Ursuppe hervorgegangen zu beschreiben. Angenommen, so seine Frage, es gibt nur die physische Welt: Wie erklärt man dann die Entstehung von Bewusstsein?

Die wissenschaftlich-materialistische Erklärung ist unbefriedigend

Nagels Antwort lautet: Die wissenschaftlich-materialistische Erklärung ist unbefriedigend, weil sie kaum mehr leisten kann, als das Auftauchen von Bewusstsein im Evolutionsprozess als eine nicht weiter erklärbare Tatsache hinzustellen.

Den Neurophysiologen und Molekularbiologen – und auch den Geisteswissenschaftlern wie Pinker, die deren Forschung zum neuen Paradigma ausgerufen haben – schreibt er daher ins Stammbuch, dass ihr materialistischer Ansatz sogar als Theorie der physikalischen Welt unvollständig sei, „da die physikalische Welt bewusste Organismen zu ihren erstaunlichsten Bewohnern zählt“.

Was Nagel jedoch am wenigsten verziehen wird, ist sein Gedankenspiel, das die zufällige Mutation und natürliche Auslese nicht als einzig mögliche Beschreibungen des Evolutionsprozesses gelten lassen will, sondern ihnen „natürliche teleologische Gesetze“ als Alternative zur Seite stellt, zielgerichtete Prozesse mithin, die diesen Prozess „über die Zeit hinweg gesteuert haben“.

Ernstzunehmende Diskussionspartner

Eine theistische Beschreibung dieser Teleologie, bei der ein Schöpfer die Entstehung des Lebens nach einem Plan gesteuert hat, schließt Nagel als Option ausdrücklich aus. Dass der Atheist Nagel jedoch den weitgehend religiös motivierten Anhängern eines „Intelligent Design“ zumindest einräumt, ernstzunehmende Diskussionspartner zu sein, fanden die zum Teil militanten Atheisten unter den materialistischen Wissenschaftlern dann endgültig frevelhaft.

Die Reaktionen reichen bis zu religiösem Fanatismus: Eine womöglich unfreiwillige Selbstenttarnung betreibt der britische Philosoph Simon Blackburn in seiner Rezension des Buchs im New Statesman, die mit der Bemerkung endet, er bedauere das Erscheinen von „Geist und Kosmos“, denn es spiele entweder den Kreationisten und Anhängern des Intelligent Design in die Hände – oder solchen Naturwissenschaftlern, die die Philosophie an den Universitäten am liebsten ganz eingespart sehen würden.

Blackburn hat auch einen Vorschlag, wie sich derlei Veröffentlichungen verhindern ließen: „Wenn es einen philosophischen Vatikan gäbe, wäre das Buch ein guter Kandidat dafür, auf dem Index zu landen.“

Heroischer Triumph ideologischer Theorie

Damit bestätigt Blackburn die Motive, aus denen heraus Nagel sein Buch geschrieben hat. Denn die herrschende Form des Naturalismus und reduktiven Materialismus, so Nagel in seinem Schlusskapitel, sei „ein heroischer Triumph ideologischer Theorie über den gesunden Menschenverstand“.

Die ideologische Gesinnung Blackburns etwa wird in seinem haltlosen Fantasieren über eine philosophische Zensurinstanz mehr als deutlich: Vom freien Austausch unterschiedlicher Argumente im gemeinsamen Streben nach Wahrheit ist ein solcher Wunsch sehr weit entfernt. Umso wichtiger ist „Geist und Kosmos“ als Diskussionsbeitrag, um einer weiteren Verhärtung der ideologischen Fronten entgegenzuwirken.

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50 Kommentare

 / 
  • P
    Perseus

    Endlich mal ein Buch, dass kritisch den Neodarwinismus beleuchtet. Dass die Evolution zielgerichtt verläuft konnte man schon vor Jahren auf diesem Blog lesen: http://geheimnisdesmenschen.blogspot.de/search/label/Vom%20Sinn%20des%20Kosmos

     

    Was da steht, scheint sich mit den Anschauungen Nagels zu berühren und ist zugleich eine ausgezeichnete Alternative zur reduktionistischen Sicht.

  • Nun, der Mensch ist ein Produkt der Evolution, nicht anders als Nagels berühmte Fledermaus auch. Die Fledermaus versucht die Welt auf Nahrung hin auszuloten, der Mensch die Welt schlechthin. Dass dabei nicht mehr als eben dieses Produktsein herauskommen kann, das ist die Kränkung aller Religion, aller Metaphysik und aller Philosophie. Auch Nagel kommt nicht darüber hinaus. Man würde sich wünschen, dass er einmal ein positives Argument für seine Behauptung „so gut wie sicher falsch“ bringen würde, wo er sich schon so lange mit diesem Thema befasst.

  • Nun, es sollte doch ganz einfach sein: Wenn die Welt mehr ist als das, worauf sie der Materialismus „reduziert“, dann sollte diese Mehr doch benannt und aufgezeigt werden können. Wo ist Leben, dass nicht auf Materie, wo ist Geist der nicht auf Leben beruhte?

  • Man könnte es auch aus dem Winkel der Inkompetenzkompensationskompetenz sehen.

    • @Beppo:

      So, so, könnte man. Äh, bitte, aus welchem Sicht-„Winkel“ kommt Ihr Kommentar, der lediglich aus einem geguttenbergten Begriff besteht?

  • Wie doof ist das denn?

    Bewusstsein ermöglicht - wie jede andere evolutionäre Entwicklung - eine bessere Überlebensfähigkeit.

    Wenn nichts kapiert wird, muss "Glaube", "Gott" oder wirres Gefasel herhalten. Viel spannender wäre es erst an dem Punkt mit Spekulationen und Fantastik anzusetzen wo wir an Grenzen momentaner Erklärbarkeit, bzw. des forschungsstandes stoßen. Peinlich, dass die Grenzen des in den Medien präsenten Klüngels so eng sind. Über die aufgeblähte Kleingeistigkeit der Mafia an den Futtertrögen kann man nur lachen.

    • @robbypeer:

      „Wie doof ist das denn?“ Nun, Sie hätten den Artikel erst einmal lesen sollen, bevor Sie sich dazu nicht äußern.

  • nun. her nagel besteht anscheined auf dm blinde fleck der unableitbarkeit des grefühldenlkkemns aus der physik, die es "per defonitione" nur mir t res physica, konkret energien, feldern, teilchen, atomen, räumen zu tun hat.

     

     

    bei den neurobiliogen kracht es dann unvrrmeidlich als erstes. die müsssen trotz verengender (redduktkjjionistischer) fachiodiotenbrille köper/seele irgendwie in den blick nehmen.

    • P
      Peter
      @Dr. rer. nat. Harald Wenk:

      Nun, da hat sich aber jemand redlich Mühe gegeben, möglichst viele Tippfehler in seinen Text einzubauen, nicht wahr, Herr Dr.rer.nat.?

      Aber egal, informieren Sie sich doch einfach mal, was die Neurobiologen heutzutage so erforschen. Als Einstieg, nicht nur für Fachidioten, empfehle ich die Homepage "http://dasgehirn.info/".

  • A
    akrasia

    "das Universum hat [K-]einen Plan" – die Universen haben meinen.

  • ES
    Ernst Stankowski

    Ihr Neunmalklugen, habt Ihr schon mal überlegt, dass, wenn die Naturgesetze gelten, sich die Frage stellt, WOHER die Naturgesetze kommen!

     

    Vor allem denkt daran, dass es sich bei den NaturGESETZEN um GEISTIGE Konstruktionen handelt!

     

    Offensichtlich ist der Kosmos GEISTIGER NATUR. Die Gesetze, die in ihm gelten, sind Bewußtseins-Inhalte!

     

    Das ist so offensichtlich, dass sich jeder materialistische, reduktionistische Ansatz als Primitivität und VOLLENDETE BLÖDHEIT entpuppt.

    • @Ernst Stankowski:

      „Ihr Neunmalklugen …“: Was macht man, wenn man seinen eigenen Argumenten nicht trauen kann? Richtig. Man beschimpft erst einmal andere.

       

      Na, und dann schlägt ja auch gleich die Logik Purzelbäume und die Kategorien werden willkürlich gewechselt (das war ja auch die „Grundlage“ so manchen „Gottesbeweises“): „… habt Ihr schon mal überlegt, dass, wenn die Naturgesetze gelten, sich die Frage stellt, WOHER die Naturgesetze kommen! Vor allem denkt daran, dass es sich bei den NaturGESETZEN um GEISTIGE Konstruktionen handelt! Offensichtlich ist der Kosmos GEISTIGER NATUR. Die Gesetze, die in ihm gelten, sind Bewußtseins-Inhalte!“ Der Geist versucht in Worte, in Gesetze zu fassen was er vorfindet. Zunächst muss aber einmal etwas da sein, das der Geist mit seinen Mitteln zu erfassen versucht. Das ist offensichtlich und keineswegs, dass der Kosmos geistiger Natur ist. Das hervorgehobene „WOHER“ besagt rein gar nichts, denn wenn auch die Beschreibung der Natur aus den Köpfen kommt, so doch keineswegs die Natur und ihr Sosein selbst. Die Gesetze sind Bewusstseinsinhalte, nicht jedoch das, was die Gesetze zu beschreiben versuchen. Am Deutlichsten sieht man das an der Mathematik: Die ist parallel zur physikalischen Welt.

       

      Mit einer Beschimpfung begonnen, und so endet der Beitrag dann „folgerichtig“ auch:

       

      „Das ist so offensichtlich, dass sich jeder materialistische, reduktionistische Ansatz als Primitivität und VOLLENDETE BLÖDHEIT entpuppt.“

       

      Eine feine Selbstdisqualifikation, freundlich formuliert.

  • S
    Super

    Schöpfung ist ein Akt des Willens.

    • P
      Peter
      @Super:

      Dieser Satz sagt gar nichts aus. Schöpfung wovon? Des Universums? Wer sagt denn, daß es eines Schöpfers bedürfte? Oder eines meinentwegen eines Willens? Wenn wir die Existenz eines "Schöpfers" oder eines "Willens" akzeptieren würden, wäre das Problem der Herkunft des Universums nur quasi um eine Ebene nach hinten verlagert, denn dann stellte sich die Frage nach der Herkunft des "Willens" oder des "Schöpfers". Und dann stellt sich mir die Frage, warum es manchen leichter fällt, an die Unendlichkeit des "Willens" oder des "Schöpfers" - aka Gott - zu glauben, als die des Universums, in welcher Form auch immer.

      • S
        Super
        @Peter:

        Nein, es wird nix nach "hinten" verlagert da mit der Schöpfung erst Raum und Zeit entstehen.

        Es gibt daher kein "davor".

         

        Sozusagen schaffen sich Willen und Schöpfung gleichzeitig gegenseitig.

        • @Super:

          Wenn Zeit nicht existiert sind keine Veränderungen möglich. Wie also soll sich etwas entwickeln, wie etwas beginnen? Wenn kein Raum existiert, worin soll sich dann etwas entwickeln? Und woraus? Sie widersprechen sich dann ja auch bereits in Ihrem nachfolgenden Satz „folgerichtig“ gleich selbst: „Sozusagen schaffen sich Willen und Schöpfung gleichzeitig gegenseitig.“ Das sind Worte die keinen Sinn haben. Man kann daran glauben, wie man auch an die Identität von Vater und Sohn glauben kann.

      • 6G
        688 (Profil gelöscht)
        @Peter:

        "Dieser Satz sagt gar nichts aus." - sagt die gutbürgerlich- / materialistisch-gebildete Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche!?

         

        Die UNIVERSELLE SCHÖPFUNG / das Zentralbewußtsein, gab Mensch die Vernunftbegabung im Schicksal der "göttlichen Sicherung", zur Überwindung und Entwicklung von Bewußtsein, im zweifelsfreien Verstand von wirklicher Wahrhaftigkeit und letztendlich FREIEM WILLEN.

         

        "Als Mensch anfing seine Toten zu bestatten, wurde Mensch zum Mensch." (unbek. Anthropologe)

         

        - "Als Mensch aber anfing auch daraus ein GESCHÄFT zu machen, war alles für'n Arsch, bzw. in der wettbewerbsbedingten Symptomatik des geistigen Stillstandes seit der "Vertreibung aus dem Paradies" MANIFESTIERT." (hto)

        • @688 (Profil gelöscht):

          Ironie???

  • B
    bpn

    Der Mensch hat die Gesetze der Physik analysiert, so wie ihr Bewusstsein sie ihnen vorgespiegelt hat.

     

    Der Mensch denkt in seinem Bewusstsein über teleologische Aspekte nach - und über Gott.

     

    Alles geschieht im Bewusstsein des Menschen.

     

    Wenn es schon keine Wahrheit gibt, die in der Physik liegt, dann bleibt nur noch:

     

    "Ich denke, also bin ich."

     

    Alles andere ist Spekulation.

    • P
      Peter
      @bpn:

      Hm, und die Maschinen, die der Mensch nach den Gesetzen der Physik gebaut hat und die offensichtlich funktionieren (einschließlich des Internets), sind die auch nur im Bewußtsein vorhanden oder eine Spekulation?

      • P
        Paul
        @Peter:

        Niemand hat behauptet, dass Maschinen deswegen funktionieren, weil sie nur im Bewußtsein vorhanden sind. Sondern: Die Invarianzen oder Konstanten theoretischer Systeme - einschließlich moderner physikalischer Theorien - sind eben Invarianzen oder Konstanten für diese Systeme. Nichts weiter. Zu sagen, dass Naturgesetze geistige Konstrukte sind - was sie sind - bedeutet nicht, zu behaupten, dass das, wofür sie Gesetze sind, nur im Bewusstsein vorhanden ist. Naturgesetze sind Verlaufsfunktionen von Veränderungszusammenhängen, also verallgemeinerte Beschreibungen (und Beschreibungen von Beschreibungen) der Natur. Dementsprechend ist es Quatsch zu sagen, dass Maschinen funktionieren, weil wir sie nach den Gesetzen der Physik gebaut haben. Auch eine Maschine, die nicht funktioniert, werden wir nach den Gesetzen der Physik gebaut haben - denn genau gemäß dieser Gesetze wird eben dort, wo z.B. keine Kraft mechanisch übertragen wird und keine andere Art der Übertragung möglich ist, keine Kraft übertragen. Das ist ja der Witz an Naturgesetzen. Das ändert aber nichts daran, dass sie keine metaphysischen Formen sind, sondern Verallgemeinerungen unserer Beobachtungen und deren Zusammenhänge in der Sprache z.B. der Mathematik oder Logik. Und sie sind nicht deswegen nicht hinterfragbar, weil sie etwa 'in der Natur legen', sondern weil sie mit Bedingungen operieren, die jede Beobachtung betreffen, sobald sie gemacht wird - weil sie Abstraktionen oder Verallgemeinerungen von Beobachtungszusammenhängen sind. Sie entstehen nicht aus dem Nichts, sondern aus jahrhundertelanger Arbeit am Begriff der Natur.

      • 6G
        688 (Profil gelöscht)
        @Peter:

        Mensch Peter, schön und gut, aber alles nur Krücken zur Bewußtseinsbetäubung, besonders das Internet!

         

        Wenn Mensch die Kraft seines Geistes vollkommen nutzen könnte, dann bräuchten wir sicher nicht einmal Klamotten am Leib - da hat die Wissenschaft schon richtig erkannt, daß Mensch immer nur 10% seiner Hirnkapazität zur Bewußtseins... betreibt ;-)

         

        Aber der nächste GEISTIGE Evolutionssprung (Mutation) kommt bestimmt - Schade nur, daß Mensch sich nicht darauf vorbereitet!?

        • @688 (Profil gelöscht):

          „Alles nur Krücken zur Bewusstseinsbetäubung“: Wenn Sie das für sich selbst in Anspruch nehmen, bitte.

  • M
    Monade

    Das Problem, was die Vorredner hier nicht bedenken, ist der unendliche Regress (Sartre: "Das Sein und das Nichts")

     

    Dieser kommt dadurch zustande, dass die menschliche Wahrnehmung darauf basiert, zu unterscheiden, und somit Gegensatzpaare etabliert:

    Hier das "Sein", dort das "Nichts". Hier Gott, dort die Schöpfung. Hier Urknall, dort materielle Welt.

     

    Dem "Nichts" wird dadurch eine Existenz zuteil, welche nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, sondern ein Sprachproblem ist: es wird zu etwas, auf das sich sprachlich bezogen werden kann, und erhält somit eine Existenz.

     

    Diese sich selbst erzeugende Existenz führt in den unendlichen Regress, denn es können immer neue Gegensatzpaare gebildet werden.

     

    Das ist ein uraltes Märchen, wie Heine vielleicht sagen würde, aber zum Glück wurde schon nachgewiesen, dass es sich um ein Märchen handelt.

     

    Das "Nichts" hilft uns ebenso wenig weiter wie "Gott". Und Sartre war nicht mal der erste, der das bewiesen hat.

    • @Monade:

      „Das Problem, was die Vorredner hier nicht bedenken …“: Da irren Sie, und da bringen Sie ’was durcheinander: Gegensatzpaare erzeugen keinen unendlichen Regress. Ein solcher entsteht, wenn jede Erklärung eine weitere nach sich zieht.

       

      Sie selbst sprechen von einem Sprachproblem, mithin bleibt die „Existenz“ auf die Sprache begrenzt. Das Nichts bleibt außerhalb der Sprachen nichts und es erhält somit eben keine Existenz.

       

      Das Denken des „Nichts“ hilft als Arbeitshypothese ebenso weiter wie „Gott“. Sie sagten doch, Sie hätten Sartre gelesen??

  • U
    Udo

    Es ist fuer mich ganz unzweifelhaft, dass das Universum einen Plan hat, gleich ob man ihn als "teleologisches Gesetz" oder als Gott bezeichnet. Durch zufaellige Mutation koennen hoechstens diejenigen naiven, einfach gestrickten Gemueter entstanden sein, die immer noch an die Evolution glauben.

    • P
      Peter
      @Udo:

      Nun, an die Evolution muß man nicht "glauben", sondern sie kann hinreichend belegt werden. Einfach mal, so als Einstieg, "The greatest show on Earth" lesen. Naiv und einfach gestrickt sind hingegen diejenigen, die sich der Mühe einer wissenschaftlichen Betrachtung der Welt entziehen und alles damit abtun, "das Universum" hätte "einen Plan". Hä? Und welchen? Und welche Kräfte verwirklichen ihn? In dem unermeßlich großen Weltall ausgerechnet auf unserem Planeten? Fragen über Fragen, aber damit belastet man sich dann lieber nicht. HIER bleibt einem nur übrig, daran zu glauben, nicht bei der Evolution.

  • F
    Florian

    Antonio Damasio: Selbst ist der Mensch. Körper, Geist und die Entstehung des menschlichen Bewusstseins. Das zur Benutzung des Wortes Geist in den Neurowissenschaften.

    Welches Programm bietet Herr Nageel denn an, seine Sichtweise zu untermauern?

    Die Naturwissenschaften lassen sich nicht im geringsten davon stören, was dieser Philosoph sagt, bzw. muss die Widerlegung seiner These ("höchstwahrscheinlich falsch")jetzt von Naturwissenschaften oder der Philosphie erbracht werden?

     

    Was ist neodarwinismus? Eine philosophische Ideologie (also Sozialdarwinismus) oder die Anwendung des Darwinismus in anderen Wissensbereichen?

    Letzteres halte ich für durchaus gelungen, siehe Luhmann in den Gesellschaftswissenschaften.

     

    P.S.: Aus Luhmanns Perspektive würde ihre Dabatte bezüglich der Religion lauten:

    Atheismus, Agnostismus und Religösität bedienen sich religiöser Kommunikation. Sollte bewiesen werden, dass es keinen Gott gibt, findet diese Kommunikation halt nur noch innerhalb der Geschichtswissenschaft statt, bleibt aber aktualisierbar (steht für Anschlusskommunikation zur Verfügung).

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "Denn die herrschende Form des Naturalismus und reduktiven Materialismus, so Nagel in seinem Schlusskapitel, sei „ein heroischer Triumph ideologischer Theorie über den gesunden Menschenverstand“."

     

    Wohl eher ein imperialistischer Triumph der (von Staat & Kirchen) wettbewerbsbedingt-gebildeten Dummheit zu Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche im geistigen Stillstand seit der "Vertreibung aus dem Paradies" (erster und bisher ungenutzte GEISTIGE Evolutionssprung) - das zeitgeistlich-kreislaufende und somit "gesunde" Konkurrenzdenken für den nun "freiheitlichen" Wettbewerb.

     

    Ich bin auch davon überzeugt, daß Gott ebenfalls auch nur eine Metapher ist, wo die Schöpfung mit Zentralbewußtsein eine Möglichkeit von geistig-heilendem Selbst- und Massenbewußtsein ("wie im Himmel allso auf Erden") geschaffen hat - wirksam (frei von Schicksal / Vorbestimmung), wenn Mensch seinen absurden / instinktiven Glauben an teils brutal-egoisierendes "Individualbewußtsein" im "Recht des Stärkeren" aufgibt und Fusion anstatt Konfusion betreibt.

  • Damit dieses Einstein-Vereinnehmen mal aufhört:

    "Es war natürlich eine Lüge, was Sie über meine religiösen Überzeugungen gelesen haben, eine Lüge, die systematisch wiederholt wird. Ich glaube nicht an einen persönlichen Gott und ich habe dies niemals geleugnet, sondern habe es deutlich ausgesprochen. Falls es in mir etwas gibt, das man religiös nennen könnte, so ist es eine unbegrenzte Bewunderung der Struktur der Welt, so weit sie unsere Wissenschaft enthüllen kann."

     

    Albert Einstein in einem Brief vom 24. März 1954

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @sponor:

      "Raum und Zeit sind relativ" - Albert Einstein

       

      Und wenn ich nicht irre, dann hat er auch gesagt: "Energie vergeht nicht, sondern nimmt nur eine andere Form an"

       

      So habe ich die universellen / spirituellen Grundgesetze der schöpferischen Bewußtseinsentwicklung verstanden ;-)

    • M
      Monade
      @sponor:

      Ich mein: wenn irgendetwas zutiefst religiös durchdrungen ist, dann ja wohl die Einlassung von Einstein, welche du dort zitierst.

       

      Die Gleichsetzung von Schönheit mit vollendeter Struktur, mit Gott als höchster Form von Harmonie, ist ja ein Klassiker der Gläubigen. Und eine bezwingende Vorstellung, vielleicht sogar berechtigte Forderung. Es ist zutiefst menschlich, sich ein solches Universum zu wünschen.

       

      Einstein hingegen, der ja wegen der Nazis in Amerika lebte, musste sich seitdem unter anderen Auslegern vom Dienst auch die amerikanischen Kreationisten vom Leib halten, das ist ja bekannt.

       

      Und sollte uns darauf hinweisen, dass mit diesen Typen nicht zu spassen ist.

  • P
    Peter

    @Markus: Es ist richtig, daß man die Nichtexistenz von etwas in der Natur nicht zwingend beweisen kann (in der Mathematik schon). Als Wissenschaftler kann man hingegen sagen, daß ein oder mehrere Götter mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit nicht existieren.

    Allerdings würde ich mich auf so eine Diskussion gar nicht einlassen. Es ist NICHT die Aufgabe eines Atheisten oder Agnostikers, die Nicht-Existenz Gottes zu beweisen. Vielmehr liegt die Beweispflicht bei den Gläubigen, denn sie behaupten ja, es gäbe IHN. Und wer etwas behauptet, muß es auch beweisen. Punkt.

  • P
    Peter

    Wenn Herr Nagel schreibt, die herrschende Form des Naturalismus und reduktiven Materialismus sei „ein heroischer Triumph ideologischer Theorie über den gesunden Menschenverstand“, dann kann ich nur den Kopf schütteln und ihm zurufen, "Na dann heul doch!" Mal davon abgesehen, daß so eine Behauptung völlig abwegig ist. Denn die moderne Naturwissenschaft und Forschung, wie ich sie aus meiner eigenen Tätigkeit erlebe, hat nichts, aber auch nichts mit Ideologie zu tun, sondern basiert auf Fakten und ist evidenzbasiert. SO ETWAS nenne ich gesunden Menschenverstand, und nicht die Herumschwurbelei von "teleologischen Gesetzen". Und wo unser Wissen an Grenzen stößt, da wird es auch von der Wissenschaft thematisiert, und man sucht nach neuen Modellen und Erklärungen. Wenn hier einer eine ideologische Front eröffnet bzw. erhärtet, dann ist das Herr Nagel mit seinem Buch selbst.

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @Peter:

      Wenn die "Grenzen" / die implantierten Tabus deiner Vorstellung / deines Verstandes von Welt- und "Werteordnung" es zulassen, dann könnte ich dir eine Bewußtseinserweiterung ermöglichen, die deine Fatale von Sinnhaftigkeit in zufälliger Einmaligkeit ziemlich sicher ins Wanken bringt ;-) - wenn man unser bewußtseinsbetäubtes "Zusammenleben" wie ein wachstumswahnsinniges Krebsgeschwür betrachtet, dann haben, bewußt oder unbewußt, die Selbstmörder die größte Moral / das höchste Verantwortungsbewußtsein / den gesündesten Verstand (auch wenn sie ihn scheinbar verloren haben)!?

  • P
    Peter

    Sicherlich ist die Reaktion von Herrn Blackburn recht harsch, aber er ist selber Philosoph und kann schon recht haben mit seiner Befürchtung, Herrn Nagels Buch könne "solchen Naturwissenschaftlern, die die Philosophie an den Universitäten am liebsten ganz eingespart sehen würden", in die Hände spielen. Tja, kein Wunder, möchte man da ausrufen. Es gibt durchaus Wissenschaftler, die Philosophen für "Mitesser" halten, die sich der in der Wissenschaft mühevoll erzielten Ergebnisse bemächtigen und sich daraus ihre eigene Welt basteln, mit hochtrabenden Worten und verschwurbelten Gedankengängen, die letztendlich niemanden voranbringen, keinen Nutzen haben und nur zur Rechtfertigung des Daseins des Philosophen selbst dienen. Soll doch Herr Nagel ein paar harte Beweise für seine "teleologische Gesetze" erbringen, dann sähe die Sache anders aus. Aber seinem Buch den Untertitel „Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist“ zu geben, ist nicht nur vermessen, sondern zeugt m.E. auch von einer beispiellosen Arroganz dem gesamten Kanon naturwissenschaftlicher Erkenntnis gegenüber.

  • P
    Peter

    Die Postulierung von "natürlichen teleologischen Gesetzen" zur Erklärung gewisser Naturphänomene ist ein wiederholter Versuch, der Natur so etwas wie einen übergeordneten Zweck, ein übernatürliches Bewußtsein anzudichten. Interessant, daß sich damit fast immer nur Geistes"wissenschaftler" befassen, die nie selber im Labor oder am Teleskop gestanden oder im Urwald Proben gesammelt haben. Aber, so sehr es auch manch Philosoph bedauern mag, der lieber im Geiste herumschwurbelt, während er die Ergebnisse knallharter materialistischer Wissenschaft in Form seines Laptops und seines Autos gerne nutzt, letztendlich zählen nur solche Ideen, die sich auf Fakten stützen können, und wenn es die einzige Begründung für die "natürlichen teleologischen Gesetze" sein soll, daß man dies oder jenes noch nicht oder nicht zufriedenstellend erklären kann, dann ist das schlicht und einfach zu wenig. Vor zweitausend Jahren konnte man auch Blitz und Donner nicht erklären, oder die Natur von Stoffumwandlungen, und mußte sich mit Göttern und Zauberei begnügen. Schon klar, daß sich Herr Nagel an der Frage des Bewußtseins festbeißt, denn nur noch spezielle Fragen in Neurologie und Kosmologie lassen noch einen gewissen Spielraum, um etwas außermaterielles hineinzudichten, und dann kommt die Frage nach dem Bewußtsein gerade recht. Allerdings rate ich zur Vorsicht - die Bewußtseinsforschung ist heute bereits weiter als so mancher denkt!

    • P
      Paul
      @Peter:

      Dann bin ich mal gespannt, wie Sie, der Sie ja ständig philosophische Begriffe gebrauchen, ihre Rede von 'knallharter materialistischer Wissenschaft' widerspruchsfrei bzw. ohne Regress oder dogmatische Setzung rechtfertigen können. Wenn Sie das nicht können, genügen Ihre Behauptungen nämlich nicht einmal den banalen Grundlagen rationaler Kommunikation. Dass Philosophen im 'Geiste herumschwurbeln' kann nur jemand sagen, der kaum welche gelesen hat und noch weniger begriffen hat, worum es in der Philosophie geht. Wer dann die Frage nach der Natur des 'Bewusstseins', die zur Grundfrage wissenschaftlichen Bemühens mindestens seit Platon gehört, zu einer 'speziellen Frage in der Neurologie' erklärt, weil doch das Auto tut, was es tun soll, der sollte sich aus wissenschaftlichen Diskussionen vielleicht eher zurückziehen. Die 'Bewusstseinsforschung' doktort an denselben Aporien herum, an denen eine Ontologisierung des Denkvorgangs, der Reflexion usw. immer herumgedoktert hat.

  • Guten Morgen,

    ich sehe ein sprachliches Problem: Ein/e Atheist/in, ist der Definition nach eine Person, die Gott leugnet, überzeugt ist, dass es das Göttliche nicht gibt. Ein/e Wisserschaftler/in hingegen kann der Definition nach nicht beweisen, dass es etwas nicht gibt. (Nur weil ich ein grünes Schaf nicht gesehen habe, bedeutet es nicht dessen Nicht-Existenz.) Daraus folgt meiner Meinung nach, dass ein/e Wissenschaftler/in allenfalls ein/e Agnostiker/in sein kann, also eine Person, die behauptet, sie habe das Göttliche nie kennengelernt.

    Guten Tag wünscht Markus.

    • @Brüggenolte Markus:

      Au contraire! Wissenschaftler *müssen* *methodische* Atheisten sein (die Privatmeinung ist idZ irrelevant und darf natürlich abweichen), denn sonst käme ein nicht-natürlicher Bias in die jeweilige Untersuchung hinein.

      Dass man die Nicht-Existenz von Irgendwas (Gott; unsichtbare, rosa Einhörner, Teekessel im Jupiterorbit; ...) nicht streng beweisen kann, ist trivialerweise richtig. Daraus folgt aber nichts.

  • M
    Monade

    Kommt mir vor wie Karl Popper mit seiner Welt 0 bis soundsoviel.

     

    Auch die Ansage "so gut wie sicher falsch" erinnert an das muntere Falsifizieren, dass uns der Lieblingsphilosoph von Helmut Schmidt verordnet hat.

     

    Nur steht die Frage im Raum, wie der universale Plan erkannt werden soll, wenn es ihn gibt, wenn die materialistische Konvention dazu ungeeignet ist?

     

    Für mich liegt hier derselbe Irrtum vor, den schon Popper himself begangen hat: die "materialistische" Theorie erhebt in Wahrheit die Ansprüche überhaupt gar nicht, die ihr da zugeeignet werden.

     

    Eben die wohltuende Reduktion, die davon Abstand genommen hat, alles erklären zu wollen, machte es einst möglich die Macht derjenigen zu brechen, die sich hinter ihrem Herrschaftswissen für Jahrtausende verschanzen konnten.

     

    Die moderne Wissenschaft hat hierbei die Religion keineswegs als erledigt erklärt (bekannter Massen soll ja sogar Einstein an Gott geglaubt haben). Aber sie hat den allumfassenden Geltungsanspruch von Religion als Anmassung von schier unvorstellbarer Machtgier bloss gestellt. Erst die moderne Wissenschaft macht Religion somit überhaupt erträglich.

     

    Es gibt ja auch die Ansicht, dass im Eigentlichen das Bewusstsein ebenso wenig existiert, wie etwa Gott.

     

    Beides könnte nur eine Zusammenfassung für etwas sein, was sich schlicht jenseits dessen befindet, was mit Sprache gesagt werden kann.

     

    Der materialistische, oder vielleicht wissenschaftliche Ansatz wäre dann Occams Rasierklinge, die das Bewusstsein schlicht als etwas, was nicht weiterhilft, entfernt.

     

    Und siehe, es dreht sich der ganze Pudding dann weiter, ob mit Bewusstsein, oder ohne dieses.

    • @Monade:

      Hm. "So gut wie sicher falsch" ist ein logischer Unsinn und besagt rein gar nichts. Es war auch so gut wie sicher, dass es keine schwarzen Schwäne gibt, tja, bis diese entdeckt wurden. Was daran an Poppers Falsifizierung erinnert, das versuchen Sie doch bitte einmal zu erläutern.

       

      Einstein beschäftige sich mit „Masse“, das ist schon richtig, dennoch ist Ihre Behauptung „bekannter Massen soll ja sogar Einstein an Gott geglaubt haben“ falsch. SPONOR widerlegte Ihre Behauptung ja bereits (15. Okt, 10:37).

       

      „Es gibt ja auch die Ansicht, dass im Eigentlichen das Bewusstsein ebenso wenig existiert, wie etwa Gott.“ So? Gibt es? Was ist des „Eigentliche“? Wo kann man es finden?

  • A
    Agnostiko

    Es geht doch darum, dass Atheismus selber zu einer Religion geworden ist und seine Anhänger nichtmal merken, wie sie zu genauso Verblendeten werden, wie die Relgionsfanatiker, die sie verachten und "bekämpfen".

    Das wird ja mit Blackburns "Index" fast schon zu schön deutlich, dass ich kaum glauben kann, dass er das so gesagt haben soll.

    Sowohl Relgion ("Ab hier musst du glauben"), als auch Atheismus ("Ab hier ist alles Hokuspokus") sind Sackgassen, da sie dogmatisch die Freiheit des Denkens einschränken.

    • @Agnostiko:

      Nicht, dass es nicht auch unter Atheisten Fanatiker gäbe - was Sie sich da allerdings als Popanz aufbauen und als Atheismus bezeichnen und darauf verbal einprügeln: Nun, das ist Ihr ganz privater Popanz. „Relgionsfanatiker“ sind religiösen Menschen eben so sehr ein Gräuel wie jedem Atheisten, ganz einfach deshalb, weil Religionsfanatismus nicht den Atheismus beschädigt, sondern die Religionen. Wo schränkt denn Atheismus die Freiheit des Denkens ein? Konkret bitte! Nun?

    • P
      Peter
      @Agnostiko:

      @Agnostiko: Was heißt schon "Freiheit des Denkens einschränken"? Der Naturwissenschaftler akzeptiert das als beim gegenwärtigen Erkenntnisstand Gefundene und Erwiesene und Bewiesene. Das hindert ihn nicht daran, über das noch nicht Bekannte nachzudenken und Hypothesen aufzustellen. Wenn sich diese Im Versuch als war erweisen, werden sie zur Theorie. So läuft das. Die Aussage "Ab hier ist alles Hokuspokus" bezieht sich ja auf die Einbeziehung von übernatürlichen, göttlichen Phänomenen. Sich von solcherlei Dingen zu distanzieren, ist in meinen Augen keineswegs eine Einschränkung des freien Denkens.

  • EC
    El Che

    Religiös getriebene Menschen wird es leider noch lange Zeit geben, dafür hat Religiosität in der Vergangenheit des Menschen einen zu bedeutenden sozialen Vorteil inne. Aber das Bewusstsein als Indikator für eine geplante Entwicklung des Lebens zu nehmen, scheint mir nicht mehr zeitgerecht zu sein, um nicht zu sagen naiv. Unser sogenanntes Bewusstsein ist doch nichts anderes als biochemisch ablaufend Prozesse im Körper die einzig und allein dem Überlebenskampf dienen, im Laufe der Evolution entstanden - eben als Überlebensvorteil.

    • C
      Corriere
      @El Che:

      @EL CHE - Sie haben Recht.

       

      Allerdings ist das Bewusstsein durchaus mehr als die ihm zugrundeliegenden biochemischen Prozesse. So wie ein Bienenvolk mehr ist als eine Ansammlung von Bienen, Drohen und Königin. Das Bewusstsein emergiert aus den biochemischen Prozessen als eine funktionale Kontrollinstanz, die dem Organismus autonomes Handeln und Planen ermöglicht und ihm und damit einen evolutionären Vorteil verschafft.

       

      Um diese Emergenz, das Auftreten des Bewusstseins "ganz von alleine" zu erklären, genügt der Verweis auf die obengenannte evolutionär erfolgreiche Funktionalität. Einen Zweck, ein vorbestimmtes Ziel braucht es dafür nicht.

       

      Die Vorstellung, dass das Bewusstsein nicht das aufgrund eines womöglich göttlichen Plans entstanden ist, sondern das Ergebnis eines evolutionären Vorgangs, sehen jedoch viele Menschen als eine Kränkung an. Darauf geht der Biochemicher Jaques Monod (1910-1976, Nobelpreis 1965) in seinem lesenswerten Buch "Zufall und Notwendigkeit" ein.

      • C
        Chalmers
        @Corriere:

        Hallo,

         

        Ich würde sagen Nagel sowie auch andere Philosophen glauben, dass Bewusstsein keine emergente Eigenschaft biochemischer Prozesse ist, wie das Bienenvolk. Denn aus den biochemischen Prozessen ergibt sich keine notwendigkeit für Bewusstsein. Alles könnte physikalisch identisch sein ohne die Existenz von Bewusstsein.

         

        (Das ist im Grunde Chalmers "Zombie-Argument")

    • G
      Gast
      @El Che:

      "Unser sogenanntes Bewusstsein ist doch nichts anderes als biochemisch ablaufend Prozesse im Körper"

       

      Sehen Sie, genau das bezweifelt Nagel. Er hält es für nicht erwiesen (und nicht erweisbar), dass aus den Beschreibungen, die neurowissenschaftliche Experimente von unserem Nervensystem geben, das als "Bewusstsein" beschriebenes Phänomen in irgend einer Weise erklären könnten.

      In einem früheren Buch ("The view from Nowhere") versuchte er außerdem zu beweisen, dass das (natur-)wissenschaftliche Weltbild unserer Zeit aufgrund seiner strikten Forderung nach Objektivität die subjektive Perspektive, die jeder von uns in der Welt vertritt, nicht mit einbeziehen kann und daher ein unvollständiges Bild unserer Welt liefern muss.

       

      Wenn Sie Nagel lesen, werden Sie entweder nicht mehr für naiv und unzeitgemäß halten, was Sie nun so bezeichnen, oder aber Sie werden begründet sagen können, was des naiven Pudels Kern ist ;)

      • @Gast:

        Leben kommt aus der Materie u_n_d geht über Materie hinaus. Geist kommt aus Chemie und Physik u_n_d geht über diese hinaus. Und nirgendwo hat man bisher „Leben“ gefunden, das irgendwie irgendwo neben der Materie existierte oder „Geist“, losgelöst eigenständig irgendwie irgendwo.