Thomas D sucht den ESC-Kandidaten 2012: Vom Rapper zum Raab-Erben
Mit den Fantastischen Vier und als Solist wurde Thomas D(ürr) zum Popstar. Jetzt ersetzt er Stefan Raab als Juryvorsitz der Eurovision-Castingshow "Unser Star für Baku".
Sollten Sie, lieber Leser, zufällig Ralph Siegel heißen: Setzen Sie sich erst mal, denn diese Nachricht ist ein weiterer Nagel in Ihrem Sarg: Thomas D übernimmt den Vorsitz der Jury, die im Frühjahr den deutschen Vertreter ermitteln wird für den Eurovision Song Contest 2012 in Baku.
Der Rapper, Landkommunenbewohner und bekennende Vegetarier hat nun also die Leitung, wenn es darum geht, wie Deutschland von wem repräsentiert werden möchte auf der internationalen Bühne. Dass sich dies zu einer Aufgabe von nationaler Bedeutung aufplustern kann, hat Lena gezeigt. Dass Thomas D dafür nicht nur das musikalische Gespür, sondern auch das ökonomische Basiswissen mitbringt, hat er mit den Fantastischen Vier und als erfolgreicher Solist bewiesen.
Denn Fanta 4 sind nicht nur die umsatzstärkste deutsche HipHop-Band, sondern haben sich, anfangs noch als Bürgersöhnchen und Poptrottel verlacht, längst den Respekt der überkritischen Rapszene erarbeitet. Gewürdigt werden sie für ihre Pionierleistung: die Entwicklung eines am US-Rap orientierten "deutschen Sprechgesangs".
Nebenbei hatten die vier Schwaben mit Four Music eine der erfolgreichsten deutschen Plattenfirmen aufgebaut und rechtzeitig wieder abgestoßen, bevor sie von der allgemeine Krise der Musikindustrie mit voller Wucht erfasst werden konnte.
Bei den Fantas war Thomas Dürr, wie er bürgerlich heißt, immer für die Clownsrolle zuständig, die er als Solokünstler mit dem bisweilen etwas prätentiösen Ökologie-Epos "Lektionen in Demut" allerdings entschieden konterkarierte. Der 42-Jährige besitzt also sicherlich die Entertainerqualitäten, aber auch den nötigen Ernst, die neue Aufgabe zu stemmen.
Rat kann er zudem in allernächste Nähe finden: Fanta-4-Manager Andreas "Bär" Läsker reüssierte 2007 als Mitglied der Jury von "Deutschland sucht den Superstar", der Mutter aller Castingshows. Zur Seite steht ihm auch sein Vorgänger: Stefan Raab zieht im Hintergrund immer noch die Fäden. Doch das neue Gesicht von "Unser Star für Baku", verkündete Raab, "sieht noch besser aus als ich." Und sicherlich besser als Ralph Siegel.
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