■ Das Portrait: Theo Steegmann
Wenn er an seinem Schreibtisch sitzt, schaut ihm Rosa Luxemburg über die Schulter. Gleich neben dem Bild der ermordeten Sozialistin prangt ein Nicaragua- Solidaritätsposter, eingerahmt von einer Vielzahl von Plakaten, die von dem letzten Arbeitskampf um die Krupp- Hütte in Rheinhausen künden. Die Wand in seinem Betriebsratsbüro verrät einiges über Theo Steegmann. Für ihn verkörpert Rosa Luxemburg jenen „undogmatischen, freiheitlichen Sozialismus“, der auch seine Sache ist. 1983 schloß ihn die SPD wegen eines Wahlaufrufes zugunsten der Grünen aus. Lange dauerte der Flirt mit den Grünen nicht: „Ein Feigenblatt mochte ich nicht sein.“ Schon bald zog es ihn wieder zu den Genossen.
Nach dem Abitur wollte der linke Schüler eigentlich nur für ein Jahr als Hilfsarbeiter Stahlarbeiterluft schnuppern. Es folgte eine Lehre, er wurde Jugendvertreter. Zu jener Zeit hatten bei Krupp in Rheinhausen Betriebsräte das Sagen, die zu den bravsten der Branche gehörten und von innerbetrieblicher Demokratie wenig hielten. Im April 1987 schaffte dann die „junge Garde“ um Theo Steegmann und den Vorsitzenden der Vertrauhier foto nr.5
Foto: Sabine Sauer/Lichtblick
ensleutekonferenz, Klaus Löllgen, die Mehrheit im Betriebsrat. Steegmann, gerade 32 Jahre alt, wurde zum gleichberechtigten „zweiten Vorsitzenden“ gewählt. Als wenige Monate später die Schließungspläne des Krupp- Stahl-Chefs Gerhard Cromme bekannt wurden, organisierte die neue linke Mehrheit eine beispiellose Gegenwehr. Der zumeist in Lederjacke und Jeans auftretende Steegmann war der strategische Kopf dieses Widerstands. Täglich galt es neu einen Weg zu finden zwischen den Abwieglern – die sich auch in der Frankfurter IG-Metall-Zentrale fanden – und den sektiererischen Alles-oder-nichts- Abenteurern. Am Ende des monatelangen Kampfes stand ein Kompromiß, der knapp 2.000 Jobs in Rheinhausen sicherte. Jetzt ist Steegmann, der sich zwischenzeitlich als Teilzeitstudent an der Duisburger Uni weiterbildete, erneut gefordert. Im fusionierten Krupp-Hoesch-Konzern scheint Cromme als oberster Konzernchef entweder das Werk in Dortmund oder Rheinhausen schließen zu wollen. Steegmann warnt vor Spaltung: „Wer sich an dieser von Cromme geschürten Konkurrenz beteiligt, haut Sargnägel in die IG Metall.“ Walter Jakobs
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