: Theaterdonner um Hammer und Zirkel
■ Clinch an Bochumer Bühne um DDR-Staatsemblem
Bochum (taz) — Mit einem Einkaufswagen stand Regisseur Uwe Jens Jensen am Premierenabend im Foyer des Bochumer Schauspielhauses und verteilte kostenlos 200 Exemplare des Programmbuches zu Manfred Karges Szenenfolge Mauer Stücke, die Jensen als Gast für die Bochumer Bühne inszeniert hatte. Jensen, der vor vier Jahren mit Peymann nach Wien ging, hatte die Hefte aus eigener Tasche bezahlt. Auf der Rückseite: das Emblem der verflossenen DDR mit Hammer und Zirkel, zwei Zentimeter groß und von zwei roten Strichen durchkreuzt. Dieses kleine Symbol hatte den Leiter des Bochumer Schauspielhauses, Frank Patrick Steckel, dermaßen erzürnt, daß er die Garderobenfrauen angewiesen hatte, es mit Filzstiften zu schwärzen, bevor sie die längst gedruckten Programmbücher dem Premierenpublikum anbieten durften. Nur Jensens 200 Exemplare waren am Samstag noch unversehrt.
Nach Jensens Verteilaktion reagierte Steckel prompt: Per Brief kündigte er dem Regisseur, der in Bochum beispielsweise Tana in New York auf die Bühne gebracht hatte, die weitere Zusammenarbeit auf. Damit dürfte auch Jensens für April geplantes neues Musical gestorben sein, denn, so Jensen, er habe ja nun „Arbeits- oder Berufsverbot in Bochum, ganz wie man's nimmt“. Dem Regisseur, der in dieser Woche vergeblich versuchte, „mit Steckel über die Angelegenheit zu sprechen“, erscheint dessen Reaktion „lächerlich und unvorstellbar“. Sie habe weder mit dem Stück noch mit der Aufführung zu tun und sei „natürlich Zensur“.
Kurz vor der Premiere hatte Steckel Jensen angewiesen, das durchgestrichene DDR-Emblem zu schwärzen. Er selbst läßt hingegen seit Jahren ein durchgestrichenes AKW, an dessen Stelle nun Hammer und Zirkel prangten, auf allen Programmzetteln abdrucken. „Nur der sozialistische Kitsch im Kopf von Steckel“ erkläre dessen Aufruhr, meint Jensen. Er seinerseits sei nicht bereit, Anweisungen „wie im Absolutismus“ entgegenzunehmen. bm
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen