■ Scheibengericht: The Holmes Brothers
Soul Street
(Zensor Records ZS 138)
Klischees, die das Leben schrieb: Wenn man, wie die Holmes Brothers, aus einem Ort namens Christchurch kommt, muß man einfach Gospel singen. Gospel auf die inbrünstige Art: mit süßer Falsettstimme und biegsamem Bariton. Darunter geht nichts – Gospelmusik ist nun mal vor allem Harmoniegesang.
Doch schon naht die profane Welt. Gospel minus Religion ergibt Soul, und vom Memphis-Soul ist es nicht mehr weit zu Mississippi-Blues und Country-music aus Texas. Die Traditionslinien überkreuzen sich und werden von den Holmes Brothers auf schlüssige Weise verknüpft. Wenn die Pedal- Steel-Gitarre in Bluegrass-Manier aufsummt, das Saxophon im Rhythm&Blues-Stil röhrt (ja, röhrt!) und die lieblichen Stimmen bei der „Sweet Soul Music“ vor Schmalz triefen, mögen sich die Akzente von Titel zu Titel verschieben, die Grundsubstanz bleibt die gleiche.
Sie besteht aus einer gehörigen Portion innerfamiliär herangezüchteter Musikalität, deren wichtigste Komponente der unverkennbare Gesang der Holmes Brüder ist. Dazu kommt eine künstlerische Integrität – man glaubt hörbar an das, was man macht –, sowie eine ausgebuffte Spielroutine, erworben in 30 Jahren „on the road“ als „Hausband“: in Kellerbars und Hotel-Lounges, wo man Gaststars wie John Lee Hooker oder Curtis Mayfield begleitete.
Es heißt, die Holmes Brothers könnten eine Woche lang jede Nacht spielen, ohne sich auch nur einmal zu wiederholen; umfasse ihr Repertoire doch mehr als 250 Stücke, die sie auf Abruf aus dem Ärmel schütteln könnten. Es sind sicher einige ihrer besten Nummern, die sich auf der neuen CD befinden.
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