■ Soundcheck: The Chromatic
Gehört: The Chromatic Persuaders. Nach den ersten paar Takten war klar, daß dieses Quartett mit herkömmlichen Stilen und gängigen Moden knausert. Wenn einem noch nicht mal die üblichen Verdachtsmomente geschenkt werden, wohin die Reise gehen könnte ... Doch statt dessen knisterte es: vor materiellem Zauber und einer von Wagemut und Könnerschaft geprägten Atmosphäre. Geiger Mark Feldman nahm sich Frechheiten heraus, die ohne die fantastische Präsenz von Drummer Tom Rainey bodenlos gewesen wären. Und Lindsey Horner konnte solchen Dialogen seine verschrobenen Baßlinien in aller Seelenruhe unterbuttern, weil Pianist Neal Kirkwood – ganz Drahtzieher – als diskreter Organisator waltete und auch als Solist äußerst ökonomisch agierte. Verschärfte Kammermusik für exakt diese vier Temperamente – Jazz heißt sie wohl nur auf dem Papier. Das Birdland, mit den weltweit üblichen Insignien für solcherart Wallfahrtsorte voll bis unter die Decke, wurde gründlich entweiht und zugleich frisch eingesegnet. Die chromatischen Überzeugungstäter meisterten ihre krummen Touren und versteckten Grooves so bravourös, daß man sie neben der Band von Gerry Hemingway getrost zu den neuen Rädelsführern zählen kann.
Andreas Schäffler
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