piwik no script img

The Big Light

Den faulen Sonntagnachmittag verbringen mit Bötchenfahren auf der Spree, sich unter weitestgehender Meidung der obligatorischen Hausmarke Sekt langsam und genießerisch mit Bier verwöhnen, derweil der Kapitän sein »links... rechts...« herunterleiert, der erste Sonnenscheintag des Jahres glitzert hinter müßig geschlossenen Augenlidern, The Big Light verströmen Melodisches aus der Welt des Gitarrenpops.

Zwei Tage später zuhause sitzen und auf die tanzenden Schneeflocken vor dem Fenster stieren, Tee mit Rum schlürfen und Zigaretten in der Badewanne rauchen, The Big Light stellen monumentale Filligranklangbilder in den fröstelnden Raum zwischen den Ohren.

Im April ist alles möglich — The Big Light müssen sich im April gegründet haben, so einerseits — andererseits, wie sie klingen. Einerseits brauchen sie den Vergleich mit einer x-beliebigen englischen Bombastpoprockkombo der 80er Jahre mit viel Pathos in der Stimme und Instrumentalteppichen überall nicht scheuen, andererseits spielen sie so unschuldig-laut und verspielt-melodiös auf, wie es eine amerikanische Gitarrenband aus dem mittleren Westen nicht breiter könnte. Ihre exzellent produzierte, demnächst erscheinende Mini-LP mit sechs Stücken und ihre unentwegten Auftritte in bundesweit verstreuten Clubs bieten einen Überblick über die lässige, nichtsdestotrotz glaubwürdige und überzeugende Handhabung verschiedenster musikalischer Einfälle der letzten 20 Jahre: Kinderliedrefrainglamrock, Mundharmonikaludennasalpop, Highwayblues, straighter Amirock, akustische Hinterzimmerzupfballaden. Gemeinsam ist diese Ausflügen in die Annalen der Popgeschichte, daß es sich trotz aller möglichen Assoziationen eindeutig um eine deutsche Band handelt, bodenständig und satt — und daß sie zum großen Teil einzig durch die erstaunlich wandelbare Stimme des Sängers Karlos leben, ohne den die von The Big Light sehr bewußt praktizierte Gratwanderung zwischen Kommerzialität und Selbstausverkauf gradenwegs in aalglatte, sehr sauber nachgespielte Langeweile abzugleiten droht. Aprilpop für verregnete Abende nach Sonnenbrandtagen. (Um 21 Uhr Am Wasserturm Spandau) Erika

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen