: Terry Waite im Libanon in Gefangenschaft
■ Schiitische AMAL–Miliz meldet Gefangenschaft des britischen Unterhändlers / Auch „Islamischer Heiliger Krieg“ droht mit Geisel–“Hinrichtung“ im Falle eines US–Angriffes / Israel lehnt Gefangenenaustausch ab / Bonn antwortet auf Fragen der Entführer
Beirut/Tel Aviv (afp) - Der Unterhändler des Erzbischofs von Canterbury, Waite, befindet sich nach Informationen des Chefs der schiitischen Amal–Milizen, Nabih Berri, im Libanon in Gefangenschaft. Berri, der zugleich Justizminister ist, erklärte dies nach einer Unterredung mit dem syrischen Vizepräsidenten Abdel Halim Chaddam in Damaskus, an der sich auch der libanesische Drusenführer Walid Dschumblat beteiligte. Der Amal–Führer machte keine Angaben darüber, in wessen Händen sich der seit 12 Tagen verschwundene Waite befinde. In Washington hieß es aus diplomati schen Kreisen, Waite befinde sich in den Händen der pro–iranischen Hisballah. Waite war am 12. Januar in Beirut eingetroffen, um sich erneut für die Freilassung von Geiseln einzusetzen. Er unterstand dem Schutz der Drusenpartei. Die Situation in den Entführungsfällen der beiden Bundesbürger Rudolf Cordes und Alfred Schmidt wird nach Angaben Bonner Sicherheitskreise „immer komplizierter“. Die zuständigen bundesdeutschen Stellen hätten auf „gewisse Fragen“ der Entführer geantwortet. Die Bundesrepublik erwarte bis Mitte der Woche eine neue Antwort der Entführer, doch werde „die ganze Angelegenheit mit Sicherheit noch eine geraume Zeit in Anspruch nehmen“. Solange aber verhandelt werde, „können wir davon ausgehen, daß Cordes und Schmidt am Leben sind“, wurde berichtet. Die pro–iranische libanesische Organisation „Islamischer Heiliger Krieg“ hat am Montag gedroht, die in ihrer Gewalt befindlichen amerikanischen Geiseln „hinzurichten“, falls die USA im Nahen Osten und insbesondere im Libanon intervenieren sollten. Die Organisation schloß sich damit einer Drohung des „Islami schen Heiligen Krieges für die Befreiung Palästinas“ an, in dessen Händen sich vier Dozenten des „Beirut University College“ befinden. Die neue Drohung ist in einem Kommunique enthalten, das der „Islamische Heilige Krieg“ mehreren Nachrichtenagenturen in der libanesischen Hauptstadt zuspielte. Dem Schreiben ist ein Foto des am 16. März 1985 entführten Leiters des Nahostbüros der amerikanischen Nachrichtenagentur ap, Terry Anderson, beigefügt. Nach Angaben der Organisation befindet sich auch der am 9. Juni 1985 entführte Doyen der Agronomischen Fakultät der Amerikanischen Universität von Beirut, der Amerikaner Thomas Sutherland, in ihrer Gewalt. Die Organisation bekräftigte in ihrem Schreiben, sie werde keine amerikanischen Geiseln freilassen, solange sich moslemische Gefangene in Gefängnissen in Kuweit, Israel und anderen westlichen Ländern befinden. In Kuweit befinden sich 17 islamische Fundamentalisten wegen einer Serie von Anschlägen gegen die französische und amerikanische Botschaft im Dezember 1983 in Haft. Außerdem fordert die Organisation die Freilassung mehrerer in Frankreich inhaftierter Moslems. Die Forderung nach Freilassung von Moslems dürfte auch den in Frankfurt verhafteten Mohammed Ali Hamadei betreffen. Der israelische Ministerpräsident Yitzhak Shamir lehnte am Montag die Freilassung palästinensischer Häftlinge im Austausch gegen amerikanische Geiseln ab. Im israelischen Rundfunk schloß Shamir Tauschgeschäfte dieser Art kategorisch aus. Er erinnerte daran, daß sich Israel für die Freilassung zweier Soldaten und eines Piloten einsetzt, die sich im Libanon in Gefangenschaft befinden. Auch für diese Israelis komme ein Tausch nicht in Frage.
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