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Terroristische VereinigungUssama zum Herunterladen

In Celle steht ein Iraker vor Gericht, weil er im Internet Videobotschaften von Al-Qaida-Größen verbreitet hat. Verteidigung sagt: Das ist Gesinnungsstrafrecht.

Verbotene Mitgliederwerbung mit Bin Laden-Videos. Bild: dpa

CELLE taz Erstmals steht in Deutschland ein Al-Qaida-Anhänger allein wegen Propaganda im Internet für die Terrororganisation vor Gericht.

Vor dem Oberlandesgericht in Celle begann gestern der Prozess gegen den 36-jährigen Iraker Ibrahim R. aus dem niedersächsischen Georgsmarienhütte. Die Anklage der Bundesanwaltschaft legt ihm Werbung von Mitgliedern und Unterstützern für die beiden terroristischen Vereinigungen "al-Qaida" und "al-Qaida im Zweistromland" zur Last.

Um Nachwuchs für die Terrororganisationen soll sich der 36-Jährige in einem islamistischen Chatroom bemüht haben. In 28 Fällen soll er dort Video- oder Audiobotschaften von Ussama Bin Laden und anderen Al-Qaida-Größen verbreitet oder zugänglich gemacht hat. Unter anderem stellte er seinen Chatpartnern Links zur Verfügung, über die man Ussama Bin Ladens oder Mustafa al-Sarkawis gesammelte Botschaften herunterladen konnte. Zum Problem für die Anklage müsste allerdings eine Änderung der Anti-Terror-Paragraphen 129a und 129b aus dem Jahre 2002 werden. Seither ist die bloße Sympathie für Terrororganisationen im In- oder Ausland nicht mehr strafbar. Bis zu fünf Jahren Haft drohen nur demjenigen, der "für eine Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt".

Die von Oberstaatsanwalt Peter Ernst in Celle verlesene Anklage listete sekundengenau auf, wann sich der irakische Kurde zwischen Oktober 2005 und Oktober 2006 in den Chatroom eingeloggt hatte und welches Video oder welche Audiobotschaft von Al-Qaida-Führern er dabei direkt oder über die Angabe einer Internetadresse zugänglich machte. Für al-Qaida sei der "Hauptpropagandaweg das Internet, über das der Dschihad auch virtuell geführt wird", betonte der Oberstaatsanwalt. Der Angeklagte habe sich die Videos durch befürwortende Stellungnahmen zu eigen gemacht. "Damit einher ging die Absicht, neue Mitglieder oder Unterstützer für die terroristischen Vereinigungen zu gewinnen", fasste er die Anklage zusammen.

Der Verteidiger des 36-Jährigen insistierte demgegenüber auf dem Unterschied zwischen realer und virtueller Welt, auf der Differenz zwischen allgemeiner Propaganda für al-Qaida und gezielter Anwerbung von Mitgliedern oder Unterstützern. Alles, was dem Iraker vorgeworfen werde, habe im Internet stattgefunden, konstatiert der Osnabrücker Rechtsanwalt Klaus Rüther. Konkrete Werbehandlungen, wie das Ansprechen von Personen, würden ihm nicht zur Last gelegt. Auch Zahlungen an al-Qaida, eine Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung, Besuche in Moscheen oder eigene Terroraufrufe lege man dem 36-Jährigen nicht zur Last. Die Reden, die der Iraker verbreitet habe, könne jeder im Internet herunterladen, so der Anwalt. Er dürfe sie auch weitergeben, solange er nicht wie der Angeklagte keine islamistische Grundhaltung habe. Die Anklage der Bundesanwaltschaft überschreite daher die Grenze vom Handlungs- zum Gesinnungsstrafrecht.

Das Oberlandesgericht Celle hat zunächst 26 Verhandlungstage für den Prozess angesetzt. Die Rechtsauffassung der Anklage, dass auch reine Propaganda eines Außenstehenden für al-Qaida Mitgliederwerbung sein kann, hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss zur weiteren Untersuchungshaft des 36-Jährigen bereits im Mai abgesegnet. Vom Gericht in Celle ist kein gegenteiliges Urteil zu erwarten.

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