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Terror-Prozesse in GuantánamoFormelle Anklage wegen 9/11

Fast zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wird nun Anklage gegen die mutmaßlichen Drahtzieher erhoben – vor den Militärtribunalen in Guantánamo.

Khalid Sheikh Mohammed nach seiner Verhaftung 2003. Bild: reuters

WASHINGTON afp | Der Prozess gegen die mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 vor einem Militärtribunal im umstrittenen US-Gefangenenlager Guantanamo rückt näher. Der mutmaßliche Chefplaner Khalid Sheikh Mohammed und vier weitere Verdächtige wurden am Dienstag formell angeklagt, wie das Pentagon mitteilte. Den fünf Männern werden unter anderem Terrorismus, Angriffe auf Zivilisten und Flugzeugentführung zur Last gelegt.

Die Anklage muss nun noch vom Chef der Einberufungsstelle für Militärkommissionen offiziell bestätigt und an ein Militärtribunal weitergeleitet werden, wie das US-Verteidigungsministerium erklärte. Vizeadmiral Bruce MacDonald müsse zudem darüber entscheiden, ob im Falle eines Schuldspruchs die Todesstrafe verhängt werden könne. Konkret werden den fünf Männern unter anderem Verschwörung, Mord, Angriffe auf Zivilisten und zivile Einrichtungen, Terrorismus und Flugzeugentführung vorgeworfen.

Mit dem Prozess in Guantanamo vollzieht die Regierung von US-Präsident Barack Obama eine Kehrtwende. Im November 2009 hatte sie ursprünglich angekündigt, das Verfahren gegen die fünf Verdächtigen an ein Bundesgericht in Manhattan zu verlegen - in unmittelbare Nähe des früheren World Trade Centers.

Obama muss revidieren

Mit der Strafverfolgung von 9/11-Verdächtigen vor Zivilgerichten und der angestrebten Schließung von Guantanamo hatte sich Obama von der Politik seines Vorgängers absetzen wollen: Das Gefangenenlager und die dortigen Sondertribunale, die den Angeklagten nur eingeschränkte Rechte gewähren, gelten als Sinnbild für die Exzesse des Anti-Terror-Kampfes unter Obamas Amtsvorgänger George W. Bush.

Auch wenn Obama offiziell weiter am Ziel einer Schließung des Guantanamo-Lagers festhält, musste er seine Haltung angesichts innenpolitischer Widerstände revidieren. Anfang März billigte er die Wiederaufnahme der Militärtribunale, Anfang April kündigte sein Justizminister Eric Holder den Prozess gegen Sheikh Mohammed und die vier mutmaßlichen Mitverschwörer an: den als Cheflogistiker der Hamburger Zelle geltenden Ramzi Binalshib, den Saudi-Araber Mustafa Ahmad Al-Hawsawi, einen Neffen Sheikh Mohammeds namens Ali abd Al-Aziz Ali sowie einen jemenitischen El-Kaida-Mann, Walid bin Attash.

Alle fünf waren zwischen 2002 und 2003 festgenommen worden und verbrachten vermutlich einige Jahre in geheimen CIA-Gefängnissen, bevor sie 2006 nach Guantanamo gebracht wurden. Bereits 2008 war unter der Bush-Regierung dort ein Verfahren vor einem Sondertribunal gegen sie angestrengt worden.

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6 Kommentare

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  • S
    Stefan

    Ein Prozess mitten in Manhatten - tolle Idee. Und die Bevölkerun (abermals) zur Zielscheibe von Terroristen machen. Das könnte allen "Terroristen sind auch Menschen, scheiß auf die Opfer"-Krakehlern gefallen.

  • BB
    Bernd Burkert

    Immerhin, die USA wollen die mutmaßlichen Terroristen, die seit Jahren ohne Rechtsbasis festgehalten werden, endlich vor Gericht stellen. Solange aber Zweifel an der Zuständigkeit des Gerichts bestehen, wird das Urteil nichts wert sein. Wie zuvor schon Bin Laden, sollten die mutmaßlichen Terroristen vor ein ordentliches Zivilgericht mit Richtern, die sie im Zweifel freisprechen. So will es zumindest die Rechtspraxis im alten Europa seit über 2000 Jahren. Selbstjustiz hat auch in Amerika nichts gebracht. Nach meinen Informationen wurden selbst im ehemals wilden Westen irgendwann Gerichte und Richter implementiert...

  • F
    f2y

    Uiii, was? Al-quaida ist nur der Name einer Datei unter der die Mitglieder der Mudschahidin gelistet worden sind, die während der 1980er Jahre von der CIA gegen die bösen, gottlosen Russen in Afghanistan finanzielle Hilfe der amerikanischen Steuerzahler bekommen haben? Nein sowas!

  • E
    Egal

    Danke schön Thomas.

    Du sprichst mir und ich denke vielen anderen Menschen aus der Seele.

     

    Die Verbrechen, die die USA begehen, ist meines Erachtens mit kaum etwas vergleichbar.

    Naja ich als, zu der schwächeren Partei angehörenden kann nur sagen, dass die Welt unfair ist..........

  • G
    genschman

    Die vermeintlichen Drahtzieher mussten lange schmoren bis zu dem Schauprozess. Auch dank Obamas "yes we can" - close Guantanamo Sprüchen aus 2008.

    Für die Jahre nach der Schließung habe ich einen Vorschlag zur Weiternutzung: eine Förderschule für Manager. Das pädagogische Personal könnte man weiterbeschäftigen und die Unterrichtsmaterialien ebenso weiternutzen. Ein angemessener Luxus sei den einsitzenden Weisen gegönnt: statt Waterbording gibts Wineboarding (Chateau Capital)zur Erleuchtungsförderung.

  • T
    Thomas

    Uuuuiiiii, endlich wieder ein Schauprozess :)

    Wann werden die USA wegen Ihrer verbrechen verurteilt? Zum Tode natürlich, wie Sie es mit den Terroristen machen!